Aldi, Lidl, Penny: Frische Milch sieht alt aus
Aldi, Lidl und Penny bieten keine Frischmilch mehr an, sondern nur noch bis zu vier Wochen haltbare ESL-Milch. Verbraucherschützer halten diese jedoch für weniger gesund.
Wer in diesen Tagen ahnungslos eine Frischmilchtüte aus dem Kühlregal im Supermarkt nimmt, könnte sich wundern: Die Milch ist gekühlt bis zu vier Wochen haltbar. Denn die Chance, eine sogenannte Längerfrische zu erwischen, ist groß: Aldi, Lidl, Penny verkaufen keine Frischmilch mehr. Bei Real und bei der Biosupermarktkette Alnatura ist nur noch jede vierte Milch eine frische Milch. Und bei Rewe hat man auch nicht viel öfter Glück. Dafür haben sie jetzt die ESL-Milch. Das Kürzel steht für Extended Shelf Life, also für längere Haltbarkeit im Regal.
Das hat ein Marktcheck ergeben, den die Verbraucherzentrale Hamburg am Donnerstag präsentierte. Ökotrophologin Silke Schwartau und ihre Kollegen haben das Milchangebot in Hamburger Geschäften unter die Lupe genommen. Schwartau sagt: "Wir haben viele empörte Anrufe bekommen" - von Eltern, die für ihre Kinder Frischmilch wollten, oder von Leuten, die besonders auf ihre Ernährung achteten. Ihnen sei häufig erst zu Hause aufgefallen, dass sie keine Frischmilch bekommen hätten. "Das steht nicht deutlich auf der Verpackung", meint Schwartau.
Anders als bei der H-Milch gibt es keine vorgeschriebene Kennzeichnung. So unterscheiden sich die Verpackungen der ESL-Milch kaum von den Tetrapaks für Frischmilch. Zumeist steht in großen Buchstaben "Frische Vollmilch" drauf. Nur wer genau hinguckt, stutzt womöglich bei den Worten "maxi frisch", "für extra langen Frischegenuss" oder "hält länger frisch". Auch der Preis ist gleich.
Die ESL-Milch ist ein Mittelding zwischen frischer Milch und H-Milch. Um Milch haltbar zu machen, werden immer die Keime abgetötet. Frischmilch wird dafür auf maximal 75 Grad Celsius erhitzt, H-Milch auf 135 Grad Celsius und die ESL-Milch auf 127 Grad Celsius. Silke Schwartau warnt: "Dabei verschwinden die Vitamine - umso mehr, je stärker die Milch erhitzt wird." Zudem habe die Längerfrische einen "Kochgeschmack", den viele Kunden nicht mögen.
Das sei eine "subjektive Wahrnehmung", meint indes Michael Brandl. Brandl ist Chef des Milchindustrieverbands. "Die Verbraucher fragen das Produkt nach", sagt er. Es gebe auch kein "Gesundheitsrisiko", es sei "einfach der technologischer Fortschritt". Außerdem arbeite sein Verband zusammen mit dem Handel und dem CSU-geführten Bundesverbraucherministerium bereits an einer einheitlichen Kennzeichnung - "Es wird in naher Zukunft sicher eine Regelung geben." Genauer legt er sich nicht fest. Die Regelung war eigentlich für Januar 2009 versprochen.
Für den Lebensmittelhandel hat die Umstellung auf die ESL-Milch Vorteile: Die Läden können großzügiger kalkulieren und brauchen den Bedarf nicht so genau abzuschätzen. Sie müssen seltener fast abgelaufene Ware reduzieren oder Milch wegschütten. Aldi, Penny, Lidl äußerten sich am Donnerstag bis Redaktionsschluss nicht. Im Jahr 2008, so schätzt ein Kenner der Branche, hat der Handel bei den Molkereien ein Drittel mehr ESL-Milch geordert als noch 2007.
Die Verbraucherzentrale Hamburg meint: "Nehmen Sie diese Bevormundung nicht hin!" Sie leitet Beschwerden an den Handel weiter. Es reicht eine E-Mail an ernaehrung@vzhh.de. Das Stichwort: "Rettet die Frischmilch".
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