: Albaner: Kontingentflüchtlinge oder Asylanten?
■ Bund und Länder hadern mit dem Votum für Kontingentflüchtlinge / Wurde in Albanien gelockt und Bleiberecht versprochen?
Hamburg (taz) - Die Zukunft der 3.200 albanischen Botschaftsflüchtlinge, die vor vier Wochen in die Bundesrepublik gelotst worden sind, ist unklar. Asylbewerber? Kontingentflüchtlinge? Bund und Länder konnten bisher in dieser Frage keine Einigung erzielen. Da die Albaner in einer „humanitären Hilfsaktion“ der Bundesregierung aufgenommen wurden, steht ihnen analog zu den vietnamesischen Boat-people die Anerkennung als „Kontingentflüchtlinge“ nach der Genfer Konvention zu: Ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht und Eingliederungshilfen wie Sprach- und berufsorientierende Kurse. Bonn möchte die Flüchtlinge lieber individuell ins Asylverfahren schicken und mit einem befristeten Arbeitsverbot belegen.
Bis zu einer einheitlichen Regelung verfährt jedes Bundesland nach seiner Fasson. Während Niedersachsen die 393 Albaner im Land notfalls als Kontingentflüchtlinge behandeln will, mußten deren 199 Landsleute in Rheinland-Pfalz bereits Asylanträge stellen. Aufgrund der begrenzten Freizügigkeit haben letztere keine Chance auf Familienzusammenführung mit den im Bundesgebiet verstreuten Angehörigen. Der Alleingang der Pfälzer sei „wegen der Rechtssicherheit“ notwendig geworden, so ein Sprecher.
Die niedersächsische Landesregierung erwägt, den Albanern „notfalls im Alleingang“ den Status von Kontingentflüchtlingen zu geben und ihnen damit das Asylverfahren zu ersparen. Es werde derzeit eine entsprechende Kabinettsentscheidung vorbereitet. Der niedersächsische Bundesratsminister Jürgen Trittin hatte bereits vor einer Woche bei der Bundesregierung eine Anerkennung aller 3.200 in der BRD aufgenommenen AlbanerInnen als Kontingentflüchtlinge angemahnt. Bisher hat er allerdings auf diesen „letzten Vorstoß“ keine Antwort erhalten. Vor einigen Tagen hat sich der grüne Ministers in Gesprächen mit albanischen Flüchtlingen noch einmal davon überzeugt, daß diesen bereits in der bundesdeutschen Botschaft in Tirana der Status von Kontingentflüchtlingen in Aussicht gestellt wurde. Der Minister will es auch auf einen Rechtstreit mit dem Bund ankommen lassen.
In Freiburg haben rund hundert Albaner den Asylantenstatus abgelehnt und auf ihr Recht als Kontingentflüchtlinge gepocht. Wie ein Mitglied des Arbeitskreises Asyl in Baden -Württemberg beobachtet hat, ist den meisten Albanern der Unterschied zwischen Bleiberecht und Asyl jedoch völlig unklar: „Mit Hängen und Würgen haben wir es geschafft, ihnen verständlich zu machen, daß sie mangels individueller politischer Verfolgung kein Asyl erhalten werden.“ Anfangs wollten noch viele der zumeist alleinstehenden und nicht eben für den deutschen Arbeitsmarkt ausgebildeten Flüchtlinge nach Übersee weiterreisen. Diese Hoffnung hat sich für die meisten zerschlagen.
Aus einer Kleinstadt im Hessischen wurden die ersten Feindseligkeiten gegen die Albaner bekannt: „Wir haben 280 Leute von der Sorte hier 'rumlaufen“, so ein Mitglied der Stadtverwaltung zur taz. „Die klauen.“
Hamburg wird nach Auskunft der Innenbehörde gemeinsam mit anderen Bundesländern auf der Innenministerkonferenz darauf drängen, „dem humanen Akt die Rechtsstellung als Kontingentflüchtlinge folgen zu lassen“. Die Innenminister tagen wieder im September, die Länderchefs im Oktober. Bis dahin könnten die Albaner, eine relativ kleine Gruppe unter den Flüchtlingen, im erwarteten Ansturm aus Osteuropa längst unter die verwaltungsrechtlichen Räder gekommen sein.
lian
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