: Alarmanlage stoppt Konzert
■ Ronald Shannon Jackson brach sein Konzert im „Blick“ ab
Mag sein, daß mensch im Blick nette Parties mit Halbplayback- InterpretInnen feieren kann. Mag auch sein, daß ein Dixieland-Frühschoppen im Blick gut kommt, wo klirrende Biergläser und Thekengeräusche für viele dazu gehören. Für ein Konzert in dem die Musik im Zentrum stehen soll, ist das Blick jedenfalls schlecht geeignet. Schon deshalb konnten Ronald Shannon Jackson und seine drei Mitmusiker einem leid tun.
Am Montagabend kam es aber noch härter. Noch vor Beginn des ohnehin verspätet anfangenden Konzerts entschuldigte Jackson sich für den zu erwartenden Sound. Eine Anlage war zwar da, aber der Mixer fehlte. So mußte das Quartett ohne Abmischung spielen. Damit nicht genug. Während des vierten Stückes setzte plötzlich gellend die Alarmanlage ein. Die konsternierten Musiker versuchten zuerst noch, den uneingeplanten Sound aufzugreifen, als aber die hektisch-hilflose Betriebsamkeit des Personals keinen Erfolg zeitigte, machten die Musiker erstmal Pause. Es sollte nichts nützen. Die eigenwillige Anlage verwehrte sich der Unterwerfung und konnte erst nach einer guten Dreiviertelstunde unter partielle Kontrolle gebracht werden.
Inwischen war es kurz nach 23.00 Uhr und der Veranstalter brach das Konzert resigniert ab. Die Musiker ließen sich allerdings nicht lumpen und gaben den bis dahin ausharrenden ZuhörerInnen noch ein fetziges Abschiedsstück mit auf den Nachhauseweg.
Dabei hätte es durchaus ein interessantes Konzert werden können. Jackson, in den 70ern Schlagzeuger bei Ornette Coleman und Cecil Taylor, gehörte Anfang der 80er mit seiner „Decoding Society“ zu den führenden Vertretern des Funk-Jazz/Free Funk. In zwischen ist die „Decoding Society“ auf Quartettformat geschrumpft. Neben Jackson an den Drums (Montag blies er auch Flöte und Schalmei) gehören die Gitarristen Jef Lee Johnson und Dave Fiuczinski sowie der Bassist Dom Richards dazu. Musikalisch haben sich die Gewichte ebenfalls verschoben, Jazzmomente sind zugunsten von Funk und Metalelementen reduziert worden.
Jackson trommelt einen mächtig gewittrigen, polyrhythmisch pulsierenden Drumteppich, über dem die Gitarren ihre Linien entwickeln, mal unisono, mal gegeneinander versetzt, zum Teil in der harmolodischen Spielweise der Coleman-Schule. Durchaus hörenswert, wenn die Bedingungen es zulassen. Arnaud
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