Al-Dschasira-Journalist festgenommen: Protest für Ahmad Mansour
Der bekannte arabische Journalist Ahmad Mansour wird auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen. Das feiern die Anhänger des Sisi-Regimes.
Genau das ist geschehen, seit am Samstag Ahmad Mansour, der die in der arabischen Welt bekannte Interviewsendung „Bi La Hudud“ (Ohne Grenzen) bei dem TV-Sender Al-Dschasira moderiert, von der Bundespolizei am Flughafen Berlin-Tegel festgenommen wurde. Mansour sollte jetzt einem Richter vorgeführt werden. Die Bundespolizei bestätigte, dass ein mit internationalem Haftbefehl gesuchter Mann festgenommen wurde, als er nach Doha fliegen wollte.
Doch schon bei der Frage, ob es wirklich einen von Interpol weitergeleiteten Haftbefehl gibt, scheiden sich die Geister. Laut al-Dschasira hatte Interpol den von den ägyptischen Behörden geforderten Haftbefehl im letzten Oktober abgelehnt. Mansour habe nach eigenen Angaben der Polizei bei seiner Verhaftung entsprechende Dokumente vorgelegt. Sein Berliner Anwalt Fazli Altin erklärte, den deutschen Behörden lägen eine Fahndungsnotiz sowie ein Auslieferungsbegehren vor.
Der 52-jährige Journalist war im letzten Jahr in Abwesenheit von einem ägyptischen Strafgericht zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, weil er an der Folterung eines Anwalts auf dem Tahrirplatz 2011 beteiligt gewesen sein soll. Mansour selbst nannte das Urteil „absurd und fabriziert“. In dem Prozess habe kein einziger brauchbarer Beweis vorgelegen. Zum Tatzeitpunkt sei er nicht auf dem Tahrirplatz gewesen, das Opfer habe er nicht gekannt.
Mansour bezeichnete es als „grotesk, dass ein Land wie Deutschland eine Anfrage eines diktatorischem Regime wie das in Ägypten unterstützt“. Der Journalist war nach Berlin gereist, um den Dschihad-Experten Guido Steinberg zu interviewen. Ägyptische Gerichte sprechen normalerweise bei der Abwesenheit des Angeklagten und seiner Verteidiger die Höchststrafe aus, wenn sie ihn nicht als unschuldig freisprechen. In den letzten Monaten hatte sich die Justiz durch zahlreiche Schnellverfahren und Massentodesurteile diskreditiert, die laut Menschenrechtsorganisationen fern jeglicher Rechtsstaatlichkeit gesprochen wurden.
Protest für Freilassung
Al-Dschasira fordert am Sonntag die sofortige Freilassung seines prominenten Mitarbeiters. Grünen-Chef Cem Özdemir sieht in dem Fall „viele Fragezeichen“, seine Parteikollegin Franziska Brantner warnte die Justiz davor, sich „zum Erfüllungsgehilfen eines Willkürregimes in Kairo“ zu machen. In Berlin protestierten etwa 100 Menschen vor dem zuständigen Gericht für ein Freilassung Mansours.
Ägypten und das Emirat in Katar, das den Fernsehsender al-Dschasira finanziert, tragen seit der Absetzung der Muslimbrüder von der Macht in Ägypten eine öffentlichen Fehde aus. Katar unterstützt die Muslimbruderschaft und al-Dschasira gehört zu den größten Kritikern des Regimes in Kairo.
Im Dezember 2013 waren drei Journalisten des Senders in Kairo festgenommen worden, darunter der australische Korrespondent Peter Greste. Er wurde im Februar nach 400 Tagen Haft nach Australien ausgewiesen. Das Verfahren stieß auf heftige Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Die Anhänger des Regimes in Kairo feierten Ahmed Manours Festnahme als Zeichen für den Erfolg des Staatsbesuches al-Sisis in Berlin Anfang des Monats.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Die Wahrheit
Der erste Schnee
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen