Aktueller OECD-Bericht: Teure Nahrungsmittel als Chance
Die steigenden Nahrungsmittelpreise sind ein Problem für Afrika - kurzfristig. Langfristig könnten sie sich aber als Segen entpuppen: Denn dadurch lohne sich Landwirtschaft wieder.
BERLIN taz Es wird gut, aber nicht gut genug. So ließe sich die Botschaft des siebten Afrika-Ausblicks zusammenfassen, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat. Auf fast 700 Seiten präsentiert sie den konjunkturellen Status quo von 35 afrikanischen Ländern, gibt Prognosen über das zukünftige Wachstum ab und analysiert die Chancen und Probleme, die hier "Herausforderungen" heißen.
Der diesjährige Ausblick steht ganz unter dem Zeichen der weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise. Die, so die Ökonomin und Mitautorin der Studie, Denise Wolter, seien zwar kurzfristig problematisch, langfristig aber ein Segen für den Kontinent. "Es ist nötig, die armen Konsumenten zu unterstützen, aber ohne die Anreize zum Produzieren zu zerstören", sagte Wolter. Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis und Weizen waren in den vergangenen Monaten um rund 40 Prozent gestiegen. Die Folge waren Unruhen in ärmeren Ländern auch in Afrika, wie in Kamerun und Burkina Faso. Helmut Reisen, Forschungsleiter am OECD Development-Center sieht das Nahrungsmittelproblem vor allem in einem fehlenden Versorgungsnetz: "In Ghana hatten Sie im Süden eine gute Ernte - aber es gibt keine Infrastruktur, um das Getreide in den Norden zu schaffen."
Denn das Wachstum insgesamt bewerten die Autoren positiv: Bereits im fünften Jahr liege das Bruttoinlandsprodukt über fünf Prozent. Waren es im vergangenen Jahr inflationsbereinigt 5,7 Prozent, geht die aktuelle Prognose von 5,9 Prozent für 2008 aus. "Erfreulich ist, dass das Wachstum auf einer breiten Basis steht", so Reisen. Die Ursachen sieht er vor allem in den gestiegenen Rohstoffpreisen, Entschuldungsinitiativen und dem steigenden Interesse Asiens an Rohstoffen aus Afrika. "Das ist vor allem deshalb positiv für die Regionen, weil so die Abhängigkeit von der EU und den USA sinkt", erklärt Reisen. Besonders die erdölexportierenden Staaten Afrikas werden laut der Prognose 2008 Wachstumsraten von bis zu zwölf Prozent verbuchen - wie zum Beispiel Angola.
Doch so gut die Zahlen klingen - ausreichen werden sie nach Ansicht der Autoren nicht. "Sieben bis acht Prozent Wachstum bräuchten wir, um die Millenniumsziele zu erreichen", sagt Wolter. Zu den im Jahr 2000 auf der UN-Generalversammlung festgelegten Zielen gehört es unter anderem, die Zahl der in Armut und Hunger lebenden Menschen bis 2015 zu halbieren.
Problematisch sei auch, dass sich die Länder wirtschaftlich zunehmend auf die Gewinnung weniger Rohstoffe spezialisieren würden, statt auf den Gewinn aus verschiedenen Rohstoffzweigen zu setzen, so Wolter. Das betreffe vor allem die Öl-Exporteure. Denn mit der Spezialisierung kann ein einziges Ereignis - sei es eine Dürre oder sinkende Nachfrage nach dem entsprechenden Rohstoff - die Wirtschaft des Landes und damit auch seine Bewohner empfindlich treffen.
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