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Aktivistinnen Femen„Der Busen soll frei sein“

Femen aus der Ukraine protestiert auch während der EM. Die Gründerin Anna Huzol über Patriotismus, die Sexindustrie und warum sie keine Wassermelonen verkaufen.

„Wir verkaufen keine Wassermelonen.“ Möp. Bild: reuters
Interview von Irina Serdyuk

taz: Frau Huzol, Ihre Aktivistinnen haben alle verdammt schöne Brüste. Ist das Voraussetzung, um bei Femen mitzumachen?

Anna Huzol: Wir sind kein Erotikklub. Die Schönheit der Brüste spielt für uns keine Rolle. Ausschlaggebend ist deren Freiheit. Der Busen soll von T-Shirts, Stereotypen und sonstigen Fesseln der patriarchalen Gesellschaft befreit werden. Wir haben Frauen aller Altersstufen und aller Konfektionsgrößen dabei. Und eigentlich bekommen wir häufiger zu hören, dass unsere Brüste unansehnlich klein sind. Darauf antworten wir dann immer, dass wir keine Wassermelonen verkaufen.

Sie protestieren auch während der EM, haben versucht, den Pokal zu stehlen. Mögen Sie keinen Fußball?

Wir haben nichts gegen Fußball, wir haben etwas gegen die Uefa, die Sextourismus und Prostitution fördert und die Fußballfans so manipuliert, dass diese ihnen maximale Gewinne einbringen.

Haben Sie die Begegnung Ukraine gegen Schweden gesehen?

Ja, natürlich! Wir verfolgen alle Spiele und Pressekonferenzen, weil sie für uns eine perfekte PR-Bühne liefern.

Bild: privat
Im Interview: ANNA HUZOL

27, Betriebswirtin, ist Gründerin und Leiterin von Femen.

Wollen Sie damit sagen, dass der Sieg der Ukraine Sie kalt gelassen hat?

Uns hat es sehr betroffen gemacht, dass der ukrainische Patriotismus erst durch diesen Sieg zutage trat. Noch kurz davor war es ukrainischen Männern völlig schnurz, dass sich junge ukrainische Mädels westlichen Freiern anboten und dass ein Gesetz über die Einführung von Russisch als zweite Staatssprache angenommen wurde. Erst der Fußball ließ die Leute ukrainische Fahnen schwenken und lauthals „Ukraine“ grölen. Das tut richtig weh.

Und ich bin mir sicher, dass nach Abpfiff des letzten Spiels die Fahnen ganz schnell von den Autos verschwinden. Genauso schnell wird das Land wieder in Gesetzlosigkeit und Schweigen versinken.

Auch ein Spieler wie Andrij Schewtschenko kann Sie nicht begeistern?

Wir haben eigene Schewtschenkos. Inna und Sascha Schewtschenko, Aktivistinnen der ersten Stunde, sind Symbole einer neuen modernen Ukraine. Und wir werden beweisen, dass unsere Schewtschenkas tausendmal schärfer sind, als ein Typ, der dem Ball hinterherhetzt.

Was ist Ihre Bilanz der ersten EM-Woche?

Man braucht nur einen Blick auf die Fanmeile zu werfen, um zu verstehen, wie verheerend das alles ist. Überall in Kiew, wo sich Touristen aufhalten, wimmelt es von Prostituierten. Die anliegenden Bars sind absolut Sodom und Gomorrha. Es werden Flugblätter mit Bordelladressen verteilt. Die Sexindustrie boomt.

Was wollen Sie mit Ihren provokativen Auftritten erreichen?

Wir appellieren an die denkenden Bürger. Wir weisen darauf hin, dass die Ukraine kein Bordell für Wessis ist. Wir informieren Touristen darüber, dass Prostitution hierzulande verboten ist, dass das Risiko hoch ist, sich mit HIV anzustecken. Wir sagen den Männern, dass es unwürdig und kriminell ist, eine Frau zu kaufen.

Ausländische Korrespondenten schwärmen von ukrainischen Schönheiten. Was ist mit dem ukrainischen Mann? Alkoholismus, eine Lebenserwartung um die 60. Sollte man ihn in die Rote Liste der aussterbenden Arten eintragen?

Nein, wenn, dann sollte da die ukrainische Frau drauf. Sie erfährt Unterdrückung in allen Sphären des gesellschaftlichen Lebens und wird obendrein noch vom eigenen Mann erniedrigt und ausgenutzt. Sie ist diejenige, die am wenigsten geschützt ist.

Wie werden Ihre Protestaktionen aufgenommen?

Ziemlich aggressiv. Die ukrainische Gesellschaft ist sehr passiv, und jeglicher Aktivismus wird negativ gesehen, vor allem der von Frauen. Die größte Empörung lösten unsere Angriffe auf das Allerheiligste der Männer aus, den EM-Pokal, das Phallussymbol schlechthin. Noch nie haben wir so viele Drohungen erhalten wie danach.

Es heißt, Sie hätten Autos und Wohnungen angeboten bekommen, damit Sie mit Ihren Aktionen aufhören.

Das stimmt nicht. Wir waren niemals käuflich, selbst in Zeiten, in denen wir uns nur von Kefir und Brot ernährt haben. Jetzt geht es uns besser. Wir bekommen Spenden, auch anonyme, aus der ganzen Welt und verdienen durch den Verkauf von Souvenirs nicht schlecht.

Was ist Ihr wichtigstes Ziel?

Die Frau zu befreien.

Was haben Sie noch vor während der EM?

Das kann ich leider nicht verraten, weil es keine gewöhnlichen Proteste, sondern Sabotage und Provokationen sein werden.

Wird der Präsident was damit zu tun haben?

Wiktor Janukowitsch ist sehr geschickt darin, sich uns zu entziehen. Und er wird leider sehr streng überwacht. Bis jetzt ist es uns nicht gelungen, an seinen Körper heranzukommen. Aber wir arbeiten daran.

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20 Kommentare

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  • Z
    zombie1969

    Wer geht denn noch zu Prostituierten in Europa? In TH oder PH ist der Service doch um einiges besser und erst noch sauberer. Von dem Wetter und den Preisen mal ganz abgesehen. Upps, das hören die frustrierten Grüninnen aber gar nicht gerne. Egal...

  • H
    @horsti

    lustig die sprache hier auf taz. wird hübsch darauf geachtet dass in allem positiven die weibliche form verwendet wird wird, auffälligerweise aber wird beim negativen ungeniert nur die männliche form verwendet. und dann kommen so leuchten wie horsti und feminisieren neutrums wie "DAS mitglied" zu "mitgliederinnen". was kommt als nächstes?

  • V
    viccy

    @ T.V.

    Von mir aus auch darf es auch Exhibitionismus in einem Park in der Ukraine sein. Es geht darum, dass nackte Brüste nix in der Allerweltsöffentlichkeit zu suchen haben. Egal, ob es die ukrainische, die deutsche oder die kongolesische Öffentlichkeit ist.

  • J
    Jojas

    Seit eines traumatischen Erlebnisses im Alter von 15 Jahren leide ich unter einer ausgesprochenen Riesenbusenphobie. Eine mir nur flüchtig bekannte, stark übergewichtige Frau hatte mich damals herzlich umarmt und dabei zwischen ihre ausgesprochenen Kawennzmänner gedrückt. Es war Sommer, sie perspirierte nicht zu knapp und sowohl die wogenden Fleischmassen wie auch der leicht säuerliche Geruch, dem ich mich unvermittelt ausgesetzt sah, lösten bei mir Panik und fast eine Art Erstickungsanfall aus.

     

    Seitdem betrachte ich solche Doppel D Dinger immer wie andere vielleicht einen knurrenden, zähnefletschenden Hund betrachten. Und auch meine bisherigen Freundinnen hatten allenfalls C+ oder wie das heißt.

     

    Worauf ich hinaus will: Ich finde, die Brüste der Femenfrauen sind absolut OK.

  • T
    T.V.

    Femen in Ukraine mit Exhibitionisten in nem deutschen Park zu vergleichen ist mal arger Unkenntnis geschuldet. Vielleicht mal 'Urlaub' in der Ukraine machen wenn man keine Ahnung hat.

  • JR
    @John Reed

    "Oder zuviel schon zuviel Küstennebel am hellichten Nachmittag?"

     

    Ahja. Was dir den Kopf vernebelt hat, können wir uns denken *kicher*

  • A
    auweia

    Auweia,

    Brüste zeigen gegen Sexismus und Sextourismus? Was kommt als nächstes, Hühner schlachten gegen Tierversuche?

     

    "...Und ich bin mir sicher, dass nach Abpfiff des letzten Spiels die Fahnen ganz schnell von den Autos verschwinden. Genauso schnell wird das Land wieder in Gesetzlosigkeit und Schweigen versinken..."

     

    T-shirts runter, weil die Ukrainer_innen nicht patriotische genug ihre Fahnen schwingen? Und als direkte Folge des abnehmenden Patriotismus versinkt das Land in Gesetzlosigkeit und Schweigen?

     

     

    Ich hoffe mal, dass da bei der Übersetzung einiges schiefgelaufen ist, ansonsten frage ich mich, wie man so einen Quark drucken kann, ohne dass die Interviewerin das hinterfragt.

  • A
    alabasta

    ...wieso sollten feministinnen keine schönen brüste haben dürfen; wäre die aufmerksamkeit genauso groß, wenn züchtig angezogene damen flugblätter verteilen würden? ich glaube nicht. in diesem forum sind anscheinend kleine klugscheisser unterwegs, die die situation in der ukraine bestenfalls aus der tagesschau kennen. ich finde die frauen gut und sie setzen sich für andere ein - wie steht es mit den foristen hier? mutig vorm pc, aber wie würden sie reagieren in einem totalitären staat mit einer brutalen polizei.

  • T
    Tsaimath

    Hm. ist es jetzt Sexismus wenn ich (als Mann) die Aussage "Der Busen soll frei vom T-Shirt sein" absolut unterstütze?

     

    Gott was ein Schwachsinn...

     

    Aber immerhin beweist die TAZ-Seite Humor und gibt als Captcha das Wort "hupe" aus

  • D
    dämlich

    vollbusige frauen haben also wassermelonen? discounter feminismus. dafür steht femen.

  • R
    Racket

    Patriotismus als Vehikel einer emanzipatorischen Bewegung... Eher ungut.

     

    Der Ton sagt mir generell aber zu, denn hierzulande wo man im rot-grünen Jargon ja gerne von "Sexarbeit" und "Freiwilligkeit" daherschwafelt ist der Blick auf sexuelle Ausbeutung von Frauen einfach viel zu verwässert bzw. relativistisch ("Ach, manche wollen das bestimmt eh so."). Sowas hört man auch von Frauen aus dem bürgerlichen Milieu, die denken Prostitution würde sie selbst vor sexueller Gewalt schützen, so nach dem Motto "Die Typen müssen halt irgendwo Dampf ablassen". Ehrlich und ungelogen alles schon so gehört. Da diese Einstellung immer mehr droht Konsens zu werden braucht es Leute die Klartext reden und das gerne auch radikal.

  • W
    Wildfuchs

    "Erst der Fußball ließ die Leute ukrainische Fahnen schwenken und lauthals „Ukraine“ grölen. Das tut richtig weh."

     

    Die Ansicht finde ich ein wenig daneben. Zwar verfolgen die Aktivistinnen feministische Ziele, was die für mich sympathisch macht, dennoch übertreiben sie häufig mit ihrem Patriotismus. Ich kann mir sehr gut Vorstellen, dass viele Ukrainer und Ukrainerinnen sich nach Unabhängigkeit von Russland sehnen, dies hat allerdings nicht mit dem "Ukraine"-Grölen oder Fahnenschwenken zu tun. Und wenn es bei den Aktivistinnen doch um Tolleranz geht, dann sollten sie der Minderheit der Russen und Russinnen (17%) Russisch als zweite Staatssprache im Lande gönnen. In vielen Ländern finktioniert das ganz gut und wird von vielen als eine Bereicherung angesehen.

     

    Außerdem finde ich das Wort "Wesis" in dem Zusammenhang verwirrend und nicht angebracht. Wenn schon, dann Westeuropäer, wobei man schnell in den Graben der Pauschalisierungen rutscht.

  • J
    JohnReed

    @Horsti:

    Bist nicht der Hellste, gell? Oder zuviel schon zuviel Küstennebel am hellichten Nachmittag?

  • A
    Anmerkungen

    Es ist doch eigenartig, dass die Lage der ukrainischen Frauen so beklagenswert zu sein scheint, obwohl 'Frauen' von der medialen Öffentlichkeit wie sonstigen Multiplikatoren in der westlichen Welt ganz generell als "stark und selbstbewusst" dargestellt werden.

     

    Wie passt das zusammen?

     

    Warum lässt/ließ diese (vermeintlich) 'bessere' Hälfte der Menschheit all dies zu/mit sich machen?

     

    Könnte es sein, dass Frauen primär dann "stark und selbstbewusst" wirken können, wenn in Gesellschaften Durchsetzungs- und Wehrfähigkeit, Entbehrungsbereitschaft, Kraft und Innovationspotentzial nicht mehr notwendig sind, um ein geradezu paradiesisches Leben mit umfassender materieller Sicherheit und beispiellosen ideellen Freiheiten führen zu können?

     

    Der Sozialstaat als "bester Freund der Frauen"?

     

    Soldatinnen, wenn alle Schlachten geschlagen sind?

     

    "Karriere" unter Ausschluss jeglichen Wettbewerbs?

     

    Ergebnisgleichheit als einizig legitime Form der Gerechtigkeit?

     

    "Mutige Entscheidungen" bei selbstverständlicher Rundumversorgung und vebreiteter 'Vollkaskomentaliät'?

     

    "Harte Arbeit" in einer Freizeit- und Knopfdruckgesellschaft?

     

    Irgendetwas kann an dem in den westlichen Medien gezeicheten und seitens der Politik dankbar verwerteten Bild der vollendet großartigen, doch leider immer unterdrückten Frauen, die qua Geschlecht die 'besseren' Menschen sind und alles genauso gut oder besser können, wenn man(n) sie nur ließe, nicht stimmen.

     

    Die in der Tat beklemmenden, beschämenden Verhältnisse in der Ukraine lehren uns, dass die Geschlechter nicht so gleich sind, wie es allzu gern - vollkommen entkoppelt von biologischen Erkenntnissen und die Soziologie kulturalistisch-konstruktivistisch missbrauchend - behauptet wird.

  • V
    viccy

    Frau Huzol hat dann im Sinne konsequenter Gleichberechtigung hoffentlich auch nichts gegen Exhibitionisten im Stadtpark.

  • J
    Jaroma

    Mir ist es als Mann zunächst mal völlig egal, ob die ihre Brüste verdecken oder frei schwingen lassen... "Befreiung der Frau"- meine Güte!

    Ich finde Proteste gegen (Zwangs-)Prostitution in Osteuropa und Sextourismus aus dem Westen sehr wichtig, aber diese Dame wirkt so verkniffen und unentspannt, dass es so wohl nicht viel hilft.

  • T
    Tittenrules

    "Und eigentlich bekommen wir häufiger zu hören, dass unsere Brüste unansehnlich klein sind. Darauf antworten wir dann immer, dass wir keine Wassermelonen verkaufen"

     

    Ihr seid die Schärfsten. Weiter so.

  • K
    KlausK

    Keine Nachricht - außer für den Voyeur.

  • H
    Horsti

    Eine feministische Organisation, die sich mit Ausziehen gegen Ausziehen wehrt? Ahja...

    Wieviel von den Mitgliederinnen in Wirklichkeit aus reinem Exhibitionsmus mitmachen, wird leider nicht geschrieben.

  • R
    Romina

    "Und ich bin mir sicher, dass nach Abpfiff des letzten Spiels die Fahnen ganz schnell von den Autos verschwinden. Genauso schnell wird das Land wieder in Gesetzlosigkeit und Schweigen versinken. "

     

    Na das will ich doch mal hoffen! Patriotismus abwracken!!!!!