Aktionärsversammlung bei Axel Springer: „Wir sind die Guten!“
Verlagschef Döpfner serviert Diagramme und Erfolgsnachrichten. Vor der Tür protestieren Aktivisten gegen die Bild und im Netz gibt's 200.000 Unterstützer für „Alle gegen Bild“.
Gegen die USA! Gegen den Zionismus! Für die Hamas! Für Chavez und „Adolf“ Chomeini! Das sei alles nicht die Axel Springer AG, so findet der Chefredakteur der Bild am Sonntag, Walter Mayer. Und weil ihm dieses Zitat so gut gefällt, liest es Mathias Döpfner, der Verlagschef, zur Einleitung vor.
Man müsse eben manchmal wissen, wer man nicht ist, um zu wissen, wer man ist. Und wer man ist, im Axel-Springer-Haus, das weiß Mathias Döpfner. „Wir sind die Guten“, ruft Döpfner seinen Aktionären entgegen, so einfach ist das.
Alle Guten haben sich zusammengefunden an diesem Mittwoch, Ullstein-Halle, Berlin. Aktionärsversammlung der Axel Springer AG. Einige der Guten kämpfen im Foyer um die Currywurst oder die neuste Ausgabe der Bild der Frau, während andere die Chance nutzen, auf der Bühne zu sprechen, vor dem Verlagschef und der Verlegerwitwe: was ich schon immer einmal sagen wollte, Aktionäre ans Mikrofon.
„Mir ist noch nie gelungen, eine Frau zu entjungfern, die nicht mit mir verwandt ist“, sagt ein Aktionär ins Mikrofon, er dreht sich zu Dr. Guiseppe Vita, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, der blättert aufmerksam in seinen Unterlagen. Und das hänge, sagt der Aktionär mit dem zerzausten Haar, mit den Kleinanzeigen in der B.Z. zusammen.
Oder Herr Kapitän aus Berlin, auch einer der Guten, auch er tritt ans Mikrofon. „Jeder Vogel hält sein Nest für schön, nur die Deutschen scheißen rein“, sagt er. Eine Verteidigung unseres Landes und seiner Sprache. „Warum heißt es ePaper und nicht eZeitung?“, fragt Herr Kapitän aus Berlin und man hofft, dass er es versäumt, in den Geschäftsbericht zu gucken – da sind Begriffe drin, die ihn umbringen würden. Dann liest Herr Kapitän den Pressekodex vor, zereißt ihn und sagt: „Das ist nicht das Papier wert, worauf es steht!“ Und man fragt sich, ob das nun Kritik am Pressekodex ist oder an dessen Nichteinhaltung.
Protestaktion gegen die -Zeitung
Vor dem Eingang zum Springer-Hochhaus veranstalten währenddessen Aktivisten eine Protestaktion gegen die Bild-Zeitung. Sie demonstrieren gegen das Vorhaben des Axel-Spinger-Verlags, am 23. Juni – zum 60. Geburtstag der Bild – an jeden Haushalt in der Bundesrepublik ungefragt eine Jubiläumsausgabe des Boulevardblatts zu verschicken. Es sind nicht viele gekommen, knapp 30. „Mit der Aktion wollen wir der Bild klarmachen, wie viele Leute die Zeitung noch nicht einmal geschenkt haben wollen“, erklärt Susanne Jacoby von Campact.
Mehr Zustimmung hat die Aktion im Internet. Fast 200.000 haben sich inzwischen der Initiative „Alle gegen Bild“ angeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen