Aktion der Peng-Kommunikationsguerilla: An. Die. Waffen.
Mit einer gefühlvollen Initiative appelliert die CDU-Basis an Kanzlerin Merkel, deutsche Kleinwaffenexporte zu stoppen. Oder?
Bitte was? Es muss wohl diese Botschaft sein, die Radio Vatikan auf die Idee brachte: „Deutschland verzichtet auf Kleinwaffenexporte“ lautet der Slogan auf einer Website, die den Namen „CDU.Mit.Gefühl.“ trägt und seit Dienstag im Internet abrufbar ist. Nicht nur der Name lässt an die CDU erinnern, sondern auch das Layout.
Dunkle Kulleraugen blicken die Websitebesucher hoffnungsvoll an. Die Augen gehören einem Kind mit schwarzen Locken. Ein Link führt dann weiter zu einer Petition, die sich gegen den Export von deutschen Kleinwaffen ausspricht. Bis Dienstagabend haben rund 500 Menschen diese Petition unterschrieben.
Verantwortlich für diese Inhalte ist laut Impressum angeblich das 64-Jährige CDU-Mitglied Brigitte Ebersbach aus Schwenke, einem Stadtteil der nordrhein-westfälischen Kleinstadt Halver, rund 60 Kilometer östlich von Düsseldorf. Ebersbach ist in einem zweieinhalbminütigen Video auf der Website zu sehen. Darin steht sie vor einer romanischen Kirche und meint, dass Exporte deutscher Kleinwaffen nicht mit den christlichen Werten der CDU vereinbar seien.
Die Massenvernichtungswaffen unserer Zeit
Man kann Brigitte Ebersbach auch anrufen. Dann geht eine freundliche Frau ans Telefon, die sagt, dass es ihr „ganz wichtig war, dieses Zeichen vor der Bundestagswahl im September zu veröffentlichen“. Nur eines stimmt an dieser Nachricht nicht: Brigitte Ebersbach ist eine Schauspielerin vom Schauspielhaus Dortmund und die Website inklusive Petition eine Aktion des „Peng! Kollektivs“ – das bereits in der Vergangenheit mit dem Schauspiel Dortmund zusammenarbeitete: finanziert von Bundesgeldern.
Es handelt sich beim „Peng! Kollektiv“ um eine Gruppe aus KünstlernInnen, AktivistinInnen und HackerInnen, die in der Vergangenheit immer wieder mit Medienstunts und Kunstaktionen für Aufsehen sorgte – mit einem Aussteigerprogramm für Agenten oder einem Google-Hoax auf der re:publica. Im vergangenen Jahr bewarfen Mitglieder der Gruppe die AfD-Politikerin Beatrix von Storch auf einer Parteisitzung in Kassel mit einer Torte – das Video davon wurde im Netz inzwischen über 800.000 mal aufgerufen.
Diesmal hatten die AktivistInnen wieder Erfolg: Mit ihrer aktuellen Aktion verschaffte sich das Kunstkollektiv am Dienstag auch international Beachtung: Erst verbreitete die Nachrichtenagentur AP die Meldung über die vermeintlich widerspenstige CDU-Basis in englischer Sprache, dann veröffentlichten sowohl der Trump-nahe Sender Fox News wie auch die Washington Post die Meldung im Internet.
Laut „Peng! Kollektiv“ soll die vermeintliche CDU-Homepage nur ein kleiner Vorgeschmack und Auftakt einer größeren Kampagne zum Thema Kleinwaffenexporte während des anstehenden Bundestagswahlkampfes sein. Für die Aktivisten sind Kleinwaffen „die eigentlichen Massenvernichtungswaffen unserer Zeit, weil sie für 80 Prozent aller Kriegstoten weltweit sorgen“, wie – Achtung! – Philipp Ebersbach – höhö! – vom „Peng! Kollektiv“ auf taz-Anfrage sagte. Er so: „Die CDU ist einfach kein christlicher Laden. Jesus würde doch wohl auch Waffenexporte verbieten – aber der ist ja nunmal schon tot.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“