: Akademischer grüner Vorstand
■ Landesmitgliederversammlung wählte die Hochschullehrer Thomas Krämer-Badoni und Günter Warszewa zu neuen Sprechern des Landesvorstands / Verstoß gegen die Quotierung von „Frauen-MV“ befürwortet
Die Bremer Grünen werden im nächsten Jahr von zwei Hochschullehrern geführt. Nachdem sich auf der Landesmitgliederversammlung im Bürgerhaus Neue Vahr gestern wiederum keine Frau zur Kandidatur bereitfand, setzten die knapp 100 versammelten Mitglieder die parteiinternen Quotierungsbeschlüsse außer Kraft und wählten mit dem Soziologie-Professor Thomas Krämer-Badoni und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Kooperationsstelle Universität-Arbeiterkammer, Günter Warszewa, zwei Männer zu Sprechern
der Partei. Für den dritten Vorsitzenden-Posten wird auf der nächsten Landesmitgliederversammlung wieder nach einer Kandidatin gesucht.
Ute Treptow wurde mit großer Mehrheit als Schatzmeisterin der Partei wiedergewählt. Zu BeisitzerInnen des Landesvorstands wurden außerdem der Nord-Bremer Lehrer Volkmar Leohold, die arbeitslose Schwesternhelferin Marlotte Christiansen und der Student Ralf Knabek bestimmt. Insgesamt gehören dem Landesvorstand damit vier Männer und zwei Frauen an - nach den grü
nen Quotierungsbeschlüssen hätten es mindestens vier Frauen sein müssen. Eine „Frauen-Mitgliederversammlung“ hatte angesichts des Kandidatinnen-Mangels schon am 8. November ihre Zustimmung zu dieser Ausnahme-Regelung beschlossen. Von den 500 Grünen im Land Bremen sind ein Drittel weiblich.
Von allen Vorstands-KandidatInnen hatte sich nur Ute Treptow als Angehörige einer grün-internen Strömung zu erkennen gegeben. „Ich tendiere zu einem gewissen Flügel“, sagte sie - und meinte damit die Fundis, gegen
deren Anträge sie jedoch auch stimmen würden, „wenn sie schlecht sind.“
Die Vorstandssprecher Thomas Krämer-Badoni und Günter Warszewa hatten dagegen betont, zu „keinem Flügel“ zu gehören. „Ich habe gute Kontakte in allen Bereichen der Partei“, erklärte Krämer-Badoni, versprach den Mitgliedern jedoch gleichzeitig: „Wenn Ihr mich wählt, laßt Ihr Euch auf Konflikte ein.“ Der Kneipenforscher möchte die Unterstützung der „kritischen Intelligenz“ für die Grünen zurückgewinnen. Dafür sei es nötig, „Distanz zur Durchstrukturierung der Politik in der Partei“ zu erlangen: „Je mehr die Grünen zu jedem tagespolitischen Thema den Mund aufmachen, kommen auch die gleichen Sprechblasen wie in den etablierten Parteien dabei heraus.“
Vor der Vorstandswahl hatte die grüne Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit eine Erklärung zur Bremer Regierungskrise beschlossen. „Es geht uns um eine ökologische, soziale und demokratische Korrektur der jetzigen Senatspolitik“, heißt es
darin und weiter: „Politische und personelle Erneuerung sind untrennbar miteinander verbunden. Aus dem gegenwärtigen Senat und dem SPD-Parteiapparat ist beides nicht mehr zu erhoffen.“ Deshalb sollten alle Senatoren zurücktreten und „zumindest einige Schlüsselressorts neu an Personen vergeben werden, die sich nicht durch ihr Parteibuch, sondern durch Reformfähigkeit auszeichnen.“
Die Grüne Mitgliederversammlung fordert CDU und FDP auf, sich doch noch an einem parlamentarischenMißtrauensvotum zu beteiligen. Außerdem soll in den nächsten Wochen auf einer öffentlichen Veranstaltung „mit außerparlamentarischen ExpertInnen und Initiativen über Alternativen zur Senatspolitik diskutiert werden.“
Schließlich sprach sich die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit - und ohne Gegenprobe - für die Nominierung des langjährigen grünen Bürgerschaftsabgeordneten Peter Willers zur Europa-Wahl im kommenden Jahr aus.
Dirk Asendorpf
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