Ai Weiwei beginnt Gastprofessur: Bereit für kunstvollen Banküberfall
Der chinesische Künstler Ai Weiwei wird ab November drei Jahre lang an der Universität der Künste unterrichten.
Freundlich lächelnd sitzt Ai Weiwei in einem hellen Seminarraum der Universität der Künste Berlin (UdK). Die Blätter vor den großen Fenstern strahlen gelb und rot in der Herbstsonne. „Herzlich Willkommen“ steht auf einem dunkelroten Plakat hinter dem chinesischen Künstler.
Ab diesem Wintersemester wird Ai als Gastprofessor an der UdK unterrichten. Doch am Montagmorgen sitzen noch keine Studierenden vor ihm. Stattdessen gucken ihn rund 80 JournalistInnen erwartungsvoll an und wollen wissen, was Ai nun vor hat in der Stadt und an der UdK.
Ai ist im August nach Berlin gekommen, nachdem die chinesische Regierung ihm im Juli seinen Reisepass zurückgegeben hatte und er damit ausreisen konnte. Die UdK habe sich seit 2010 darum bemüht, Ai als Gastprofessor nach Berlin zu holen, erzählt Günter Stock, Vorstandsvorsitzender der Einstein Stiftung Berlin, die die Gastprofessur finanziert.
Mehr über China lernen
Künstler: Ai Weiwei, geboren am 28. August 1957 in Peking, ist Konzeptkünstler, Bildhauer und Architekt.
Haft: Im April 2011 inhaftierte ihn die chinesische Polizei ohne Gründe zu nennen für 81 Tage, danach verhängte die Regierung ein Ausreiseverbot.
Ausstellung: 2014 zeigte der Martin-Gropius-Bau mit „Evidence“ die weltweit größte Einzelausstellung des Künstlers.
Pass: Am 22. Juli 2015 erhielt Ai Weiwei seinen Pass zurück, er reiste daraufhin nach Deutschland und Großbritannien.
Lego: Da die Firma Lego aus Angst vor einer politischen Aktion ihm keine Steine für ein Kunstprojekt verkaufen will, sammeln derzeit Unterstützer im Internet.
Gastprofessor: Am Sonntag,1. 11., um 17 Uhr hält er seine Antrittsvorlesung an der UdK über „Kunst (lehren)“. Karten gibt es nicht mehr. Der Vortrag wird unter www.livestream.udk-berlin.de und im Theater Uni.T, Fasanenstraße 1b, übertragen.
Er verspreche sich durch Ai Weiweis Anwesenheit in Berlin und durch dessen Arbeit an der UdK, mehr über China zu lernen, sagt Stock. Einen „Nachholbedarf“ hätte er da, so wie sicher auch viele andere, die gern mehr über China wüssten. Ai lächelt freundlich, lässt die Frage unbeantwortet. „Ich fange erst langsam an, alles hier kennen zu lernen“, sagt er. „Die Namen, die gerade gefallen sind und die Orte, sagen mir zum Teil noch gar nichts.“
Und er sagt: „2011 war ich 81 Tage an einem Ort, von dem ich nicht wusste, wo er ist.“ Damals, als Ai von der chinesischen Polizei festgenommen und ohne Gründe eingesperrt worden war. Dass er von der UdK eingeladen worden sei, sei in der Situation eine wichtige Nachricht für ihn gewesen. Vor einer Woche hat er nun die Arbeit an der UdK begonnen und aus 100 Studierenden 16 ausgewählt, die er drei Jahre lang unterrichten wird.
„Der gute Lehrer erklärt, der bessere Lehrer zeigt, der große Lehrer inspiriert“, zitiert eine Journalistin einen Sinnspruch und fragt, wie Ai seine Studierenden zu inspirieren gedenke. Ai lächelt freundlich. „Ich sehe mich mehr als Teil der Gruppe“, sagt er. „Ich werde nicht bewusst ein Lehrer sein, sicher kann ich auch viel von ihnen lernen.“
Wie bei Ocean‘s Eleven
Ob er denn die drei Jahre in Berlin bliebe und ob er mit seinen Studierenden auch über Menschenrechte spreche, fragt eine Journalistin. Ai lächelt freundlich: „Letzte Woche bin ich aus China zurückgekommen, und sicher werde ich weiter hin und her reisen. Falls sie mich lassen, das unterliegt aber nicht meiner Kontrolle.“ Menschenrechte werde er nicht zum Inhalt seines Unterrichts machen, er wolle keinen Druck auf die Studierenden ausüben.
„So eine große künstlerische Freiheit wie hier habe ich noch nie erlebt“, sagt Ai. Er habe Studierende ausgewählt, die konzentriert auf der Suche nach etwas seien. „Aber ich bin auch egoistisch“, sagt Ai, „es geht auch darum, dass wir eine gute Zeit miteinander verbringen.“ Man müsse sich das ein bisschen so vorstellen wie in dem Film „Ocean’s Eleven“. „Ich habe mir eine Bande zusammengestellt, mit der ich zur Not auch eine Bank ausrauben könnte.“
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