Agrarminister gegen Tierschützer: EU will Klonfleisch erlauben
Die Agrarminister wollen Produkte von Nachkommen geklonter Tiere nur mit Zulassung verkaufen lassen. Umwelt- und Tierschützer fordern hingegen ein Verbot.
Die EU-Agrarminister haben sich auf ein Zulassungsverfahren für Fleisch und Milch von Nachkommen geklonter Tiere geeinigt. Nach einem Beschluss der Ressortchefs am Montag in Luxemburg dürfen solche Produkte nur auf den Markt kommen, wenn die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit keine Gesundheitsgefahren feststellt. Umweltrisiken spielen dabei keine Rolle. Derzeit ist offenbar kein "Klonfleisch" in Europa erhältlich.
Durch Klonen sollen sich zum Beispiel besonders leistungsfähige Stiere unbegrenzt reproduzieren lassen. Dadurch kann auch nach deren Tod immer wieder ein neues Tier erzeugt werden, das genau die gleichen Erbinformationen hat. So könnten Züchter und Landwirte länger von solchen "Supertieren" profitieren als bislang.
Für die deutsche Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) ist der neue Beschluss, dem Parlament und Kommission noch zustimmen müssen, eine "Verschärfung zum gegenwärtig geltenden Recht". Derzeit seien nur die Produkte von geklonten Tieren und nicht die ihrer Nachkommen erfasst.
Die Grünen sehen die Entscheidung aber nur als ersten Schritt dazu, Produkte von Klontieren in Europa zu erlauben. "Die bisherige Politik der EU zeigt, dass sie Klonfleisch zulassen wird", sagte der neu gewählte Europa-Abgeordnete Martin Häusling. Das Parlament fordert, solche Waren zu verbieten.
Ähnlich sieht das auch die Gentechnikexpertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Heike Moldenhauer. "Der Ratsbeschluss ist unverantwortlich", erklärte sie. Klonen reduziere die genetische Vielfalt bei Nutztieren weiter. "Das kann richtig gefährlich werden, wenn Klonen etwa Anfälligkeiten für bestimmte Krankheiten millionenfach verbreitet." Eine Seuche könne so schneller um sich greifen als bislang. Zudem schließt Moldenhauer Risiken für die menschliche Gesundheit nicht aus. "Es fehlen noch Langzeituntersuchungen über mehrere Tiergenerationen", sagte sie.
Vor allem ethische Argumente führt Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, gegen die Technik an: Beim Klonen werden Leihmüttern Embryonen mit dem gewünschten Erbgut eingepflanzt. "Nur 0,5 Prozent der Embryonen überleben bis zum Austragen", sagte Rusche. Dabei empfänden schon ältere Föten Schmerzen. Außerdem hätten viele "Ergebnistiere" eine geringere Lebenserwartung und seien anfälliger für Krankheiten. "Das widerspricht einer EU-Vorschrift, wonach Zuchtmethoden verboten sind, die den Tieren Schaden oder Leiden zufügen."
Tierzüchter-Lobbyisten dagegen freuen sich über den Ratsbeschluss - etwa der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter: "Klonen ist eine Zukunftstechnologie. Es geht auch um Arbeitsplätze", sagte Carl-Stephan Schäfer. Die USA würden zum Beispiel demnächst Samen geklonter Rinder in Europa verkaufen, weshalb klare Regeln nötig seien. Studien zeigten, dass Produkte von Klontieren ungefährlich seien. Außerdem hätten auch die Züchter kein Interesse daran, den Genpool zu minimieren. "Derjenige, der züchtet, lebt davon, dass es Variation gibt, weil er sonst nicht mehr züchten kann."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“