Agrarindustrie kommt unter Beobachtung: Meldepflicht für Gülle-Handel
Wegen steigender Grundwasserbelastung will Niedersachsen mehr Überblick, wo Gülle, Mist und Jauche produziert und wo sie aufs Feld gebracht werden.

Wird nun kontrolliert: Dünger auf niedersächsischen Feldern. Bild: dpa
HANNOVER taz | Niedersachsens Agrarminister Gert Lindemann (CDU) will sich mit einer Meldepflicht für Betriebe, die Gülle, Jauche, Mist oder Gärreste aus Biogasanlagen abgeben, wie auch für Betriebe, die Dünger aufnehmen und auf ihren Flächen verteilen, einen möglichst „hautnahen Überblick“ über die Gülleströme im Land machen.
Genau der fehlt Lindemann bislang: Er wisse nicht, welche Mengen der so genannten Wirtschaftsdünger zwischen Betrieben mit großem Viehbestand, deren Flächen nicht reichen, um den eigenen Mist aufzunehmen, und Betrieben mit großen Ackerflächen gehandelt werden, räumte er am Mittwoch in Hannover ein. Und auch einen Überblick über die Güllemengen, die aus den Niederlanden – wo die Verwertung von Wirtschaftsdüngern stark kontrolliert wird – nach Niedersachsen exportiert werden, hat sein Ministerium nicht. Bislang müssen die Betriebe die Mengen lediglich intern dokumentieren. Überprüft werden sie von der zuständigen Landwirtschaftskammer nur stichprobenartig.
Ab Juli sind die Betriebe verpflichtet, die Mengen, die sie abgeben, befördern oder aufnehmen zwei Mal im Jahr der Landwirtschaftskammer zu melden. Anderfalls drohen bis zu 15.000 Euro Bußgeld. Und auch der Güllehandel aus den Niederlanden soll durch eine gemeinsame Verwaltungsvereinbarung meldepflichtig werden.
Tätig wird der Minister jetzt wegen steigender Nitratbelastung des Grundwassers vor allem in Regionen mit besonders intensiver Massentierhaltung wie Nordwest-Niedersachsen. Als Ursache führt Lindemann an, dass „an der ein oder anderen Stelle“ mehr Gülle auf die Felder gebracht wurde, als die Düngeverordnung vorsieht. „Kriminelle Energie“, betonte er, sehe er aber „nur im Einzelfall“. Dennoch werde die Landwirtschaftskammer mit sieben zusätzlichen Mitarbeitern zur Überwachung der Gülleentsorgung ausgestattet.
Für Niedersachsens Landtagsgrüne – die wie die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft seit Monaten vor Überdüngung und einer wachsenden Bedrohung durch multiresistente Keime im Tierkot warnen – ist das „nicht einmal die halbe Miete“. Auf welchen Flächen die Gülle genau verteilt wird, gehe aus der Meldepflicht nicht hervor, das könne nur ein Gülle-Kataster. Den aber lehnt Lindemann als „bürokratisches Monster“ entschieden ab.
Leser*innenkommentare
Tom
Gast
Endlich tut sich bei diesem Thema was, denn seit Einführung der Massentierhaltung ist die anfallende Gülle und deren Entsorgung zu einem echten (Umwelt-)Problem geworden - Gülle müsste inzwischen wie Sondermüll behandelt werden.
Dieses Problem bekomme ich hautnah mit:
Die Wiese vor unserem Haus ist an einen Landwirt verpachtet, der die Gülle aus seinen Mastviehbunkern darauf - direkt vor unserer Haustür - entsorgt...
Ohrhahns Pumuckl
Gast
Produziert wird der BULLSHIT vom in der Berusfakademie fürs MBA Studium dozierenden Dorfunternehmensberater.
http://img411.imageshack.us/img411/1057/shitstormbusinesschoolkukby.jpg
Manfred Gerber
Gast
Es ist nicht nur zuviel Gülle in Niedersachsen, sie sorgt zudem für massenhaft epidemisch auftretende Krankheiten, insbesondere auch bei Kindern.
Es ist den Verantwortlichen durchaus bekannt, dass es in der Gülle von pathogenen Keimen nur so wimmelt und man Gülle nach der Biostoffverordnung eigentlich desinfizieren müsste. Die Nitratbelastung durch Kraftfutter betonte Massentierhaltung ist ein Problem, ein Weiteres ist die Selektion von resistenten Keimen durch gleichmäßig verteilte Antibiotikarückstände in der Bodenschicht.
Gülle bleibt nicht im Boden! Mittels Gülleaerosolen verteilen sich Bakterien in der Peripherie. Wenn wir Gülle riechen, sind wir von massenhaft pathogenen Keimen umgeben! Dies wissen die Berater des Minister und hoffen darauf, das nicht so bald ein neuer resistenter Keim Menschen und Tiere dahinrafft.