: Agitatorin mit „Flirtativ“-Faktor
■ Trautes Heim und Arena: Leipziger Ein-Frau-Gastspiel über Rosa Luxemburgs Verknüpfung von öffentlichem und Privatleben im „Theater N.N.“
Geht es ums Menschliche, lieber noch: das Private von Politikern, ist man immer ganz Ohr. Auch wenn das in die Kategorie „niedere Ins-tinkte“ fällt. Skandale überdauern einige Zeit, doch von vielen wichtigen Staatsmännern vergangener Tage ist kaum mehr als ein Skandälchen in Erinnerung. Ganz zu schweigen von anderen, politisch relevanten Taten. Davon sind weibliche Personen nicht ausgenommen. Auch Rosa Luxemburg natürlich nicht.
So zumindest die Überzeugung der Theaterregisseurin Imke Baumann. Jedenfalls, was die alten Bundesländer anbelangt. Dabei ist der größte mit Rosa Luxemburg verbundene Skandal der des Jahrzehnte andauernden Versuchs ihrer Mundtotmachung, begleitet von etlichen Inhaftierungen und mündend in ihrer Ermordung kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges.
Und obwohl Rosa Luxemburg eine durch und durch politische Frau war, fand sie sehr wohl die Zeit für eine größere Anzahl Liebhaber. „Ein Lebensweg zwischen Liebe und Politik“, der porträtiert werden musste, fand Imke Baumann und entschloss sich zu einem Luxemburg-Projekt zum 80. Todesjahr der Ausnahmepolitikerin. Während Baumanns Anstellung am Schauspiel Leipzig war es bereits einmal zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Schauspielerin Barbara Trommer gekommen.
Resultat dieser Zusammenarbeit war der Wunsch nach einer weiteren gemeinsamen Produktion. Vergangenes Jahr folgte die Umsetzung in Verfluchte Lust, glücklich zu sein, das nun als zweitägiges Gastspiel im Altonaer Theater N.N. zu sehen sein wird. Stand für die Sächsin Trommer dabei immer die Frage des Linksseins im Vordergrund, interessierte sich die aus Niedersachsen stammende Baumann in erster Linie für Rosa Luxemburg als Frau.
So beschreibt auch der Titel des Monologs programmatisch, dass Rosa Luxemburg keinen Unterschied machte zwischen Herzensdingen auf öffentlicher und privatimer Ebene. Zu gleichen Teilen umfasst das Ein-Frau-Stück nun politischen Werdegang und Agitation sowie „das Romantische“. Bei letzterem allerdings beschränkt sich Baumanns aus Briefen, Reden und Gerichtsprotokollen collagierter Text auf nur drei von Luxemburgs zeitweiligen Begleitern. Dies sei völlig ausreichend als Illustration des „Flirtativen“, meint die Regisseurin.
In neun Bildern mit Titeln wie „Trautes Heim“, „Arena“ und „Altenteil“ entwirft Baumann eine Sicht auf eine der Politikerinnen neuerer Zeit, die ohne hinzu gedichtete Vergangenheit auskommt. Die Originaldokumente sprechen für sich. Liv Heidbüchel
Sonnabend, Sonntag, jeweils 20 Uhr, Theater N.N., Kulturbahnhof Altona, Harkortstraße 81, Luke 18
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