■ Soundcheck: Afro-Cuban All Stars
Gehört: Afro-Cuban All Stars. Kuba ist hip – auch im bestens gefüllten Halbrund des Stadtparks. Applaus ertönt schon zu Beginn einzelner Stücke: Man kennt schließlich seine Afro-Cuban All Stars. Nach einem Instrumentalfeger zu Beginn folgt „Chan Chan“, ein Standard, der durch die Buena-Vista-Social-Club-Platte westliche Hitweihen empfangen hatte. Sofort sind Bandleader Juan de Marcos González und sein 15köpfiges Ensemble auf der sicheren Seite, und die knapp zweistündige Fahrt durchs Dickicht afro-kubanischer Stile nimmt ihren Lauf.
Und wie. Unzählige Male werden die Stücke mit einer Fanfare elegant zum Einsturz gebracht – bloß damit die nimmermüde Rhythmussektion den Faden wieder aufnimmt und das Orchester erneut vorantreibt. Über dem atemlosen synkopischen Spiel der Congas und Timbales schwirren descargas, Improvisationen, noch und nöcher. So geht das sechs, sieben Minuten lang – oder sind es zwölf, 13? Im Sog des Rhythmus kommt das Zeitgefühl abhanden, und die Instrumentalisten geraten beinahe aus dem Blick.
Wären da nicht die soneros. Abwechselnd schmachten und schmettern sie auf dem Grünstreifen vor der Bühne und erfinden kleine Spielchen: der 71jährige Ibrahím Ferrer, mit dem man schon nach dem Auftritt des diesmal abwesenden Pianisten Rubén González hätte Äpfel klauen wollen; die großartige Teresita García Caturia; der legendäre Félix Valoy; oder Manuel „Puntillita“ Licea, der vor allem mit dem guajira-son „Amor Verdadero“ glänzt, in den die Band kurzerhand eine Passage aus dem Tango „Hernando's Hideaway“ einflicht. Warum sich der Reiz von derlei klassischem Liedgut ausgerechnet im Jahr 1997 einem Massenpublikum erschlossen hat – es gibt keine eindeutige Antwort. Sicher aber ist, daß die BesucherInnen dieses Konzerts noch immer mit lockeren Hüften durch den Tag laufen. Azúcar! Jan Möller
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