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■ Afrika: Was wird aus Sierra Leone nach dem Krieg?Wenn der Rauch verflogen ist

Die Liste der afrikanischen Hauptstädte, die allein in diesem Jahrzehnt von Kriegen und Konflikten zumindest teilweise in Ruinenfelder verwandelt worden sind, wird immer länger. Zu Monrovia, Mogadischu, Kigali, Bujumbura, Bangui, Kinshasa, Brazzaville und Bissau gesellt sich jetzt Freetown, Hauptstadt von Sierra Leone. Die Rebellen der Revolutionären Vereinigten Front (RUF) und die Eingreiftruppe aus Nigeria hinterlassen in ihrem Kampf um die Macht in der Stadt lieber verbrannte Erde, als eine Niederlage in Kauf zu nehmen.

Alles Gerede von einer „afrikanischen Renaissance“ kann nicht verdecken, daß immer mehr Länder Afrikas – es sind noch viel mehr als die neun, deren Hauptstädte eben genannt wurden – aus Bürgerkrieg und Staatskrise nicht herausfinden. Und auch politische Stabilität allein garantiert nicht, daß es der nächsten Generation bessergeht.

Die gängigen internationalen Konzepte für den Aufstieg Afrikas aus der Armut unterschätzen zutiefst, wieviel an schierer knochenharter Wiederaufbauarbeit zu leisten ist, bevor an Entwicklungsprogramme überhaupt zu denken ist. Wer richtet in Liberias Hauptstadt Monrovia die Krankenhäuser wieder ein? Wer öffnet in Kongos Hauptstadt Brazzaville die Schulen? Wer versorgt Somalias Hauptstadt Mogadischu mit Strom? Überall werden solche Aufgaben – in Somalia sogar die des Regierens – allein auf freiwilliger Basis geleistet, von mutigen Privatunternehmern oder humanitären Hilfsorganisationen. Die Staaten und die internationalen Wirtschaftsorganisationen fallen meistens als Akteure aus. Sie warten auf bessere Zeiten. Aber ob die auch kommen? Das geschundene Somalia zum Beispiel steht derzeit wieder vor einer Hungersnot, die die Ausmaße der letzten großen Katastrophe von 1992 anzunehmen droht. Nur kümmert das diesmal kaum jemanden.

Wenn in Freetown der Rauch verflogen ist und ausländische Beobachter die Trümmer und die Leichen sichten können, werden auch in Sierra Leone Helfer und Kleinunternehmer aktiv werden. Und die unmittelbaren Erfordernisse des Aufbaus werden, wie in anderen Ländern auch, die langfristige Lösung politischer Probleme überdecken. Eine stabile Diktatur ist besser als gar keine Regierung. Ein ausführlicher innerer Versöhnungsprozeß braucht mehr Zeit, als in einer Notlage zur Verfügung steht. So werden Krisengebiete zu Sozialfällen, und wenn die internationale Aufmerksamkeit erlahmt, entsteht die nächste Krise. Dominic Johnson

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