Africa-Cup vor dem Endspiel: Die Kuh ist tot
Vor dem morgigen Afrika-Cup-Endspiel müssen sich die Fans des ausgeschiedenen Gastgebers Ghana entscheiden: Sollen sie Kamerun oder Ägypten die Daumen drücken.
ACCRA taz Sie ziehen weiter fröhlich mit Trompeten, Pfeifen und Gesängen durch die Straßen von Accra. Trotzig tragen sie immer noch die Nationalfarben. Einen Tag nach dem Halbfinal-Aus der ghanaischen Gastgeber rappelten sich deren Fans nur langsam wieder auf. "Ich bekomme immer noch keinen Bissen herunter, weil ich an meine Mannschaft denke", sagt Jojo, ein Anhänger der Black Stars. Die 0:1-Niederlage gegen Kamerun scheint noch nicht richtig angekommen im Lande, noch wirkt die Medienhysterie um das Team, die die vergangenen Wochen beherrscht hat, nach.
Nur vereinzelt beginnt die Ursachenforschung. "Mir war es immer verdächtig, dass alle ghanaischen Medien nur aus dem Lager der Black Stars berichteten und sich kaum mit den anderen Mannschaften befassten", sagt Kofi Abbey, ein anderer Ghana-Fan. "Die Spieler wurden von vorn bis hinten gehätschelt, der Trainer hat versagt und es gibt viele Ungereimtheiten im Ghanaischen Fußballverband", ärgert sich Abbey weiter.
Die Enttäuschung bleibt im Rahmen. Wie schon während der gesamten Afrika-Meisterschaft blieben Zwischenfälle oder Hässlichkeiten aus. Nach dem Viertelfinalsieg Ghanas gegen den Erzrivalen Nigeria kamen zwar Gerüchte aus dem Bruderland, dass dort Ghanaer belästigt worden sein sollen. Aber sowohl ghanaische als auch nigerianische offizielle Stellen dementierten diese Nachrichten umgehend. "Keiner kommt auf die Idee, nach einem verlorenen Spiel sich noch mehr Ärger einzuhandeln", sagt Crystal Layeh, die zum Halbfinalspiel im Stadion war, "bei uns weinen nur die Männer, wenn die Nationalmannschaft verliert. Die Frauen sind stark."
Nach der Enttäuschung suchen die ghanaischen Fußballfans nun vor dem morgigen Endspiel mit Kamerun und Ägypten (18 Uhr, Eurosport) noch nach einem neuen Objekt ihrer Unterstützung. Doch ausgerechnet die favorisierte Elfenbeinküste blamierte sich im Halbfinale mit 1:4 gegen die Nordafrikaner. "Kamerun hat uns rausgeschmissen, die kann ich nicht unterstützen", sagt Wilhemina, eine Straßenverkäuferin in Accra. Also freunden sich viele ghanaische Fans nun ausgerechnet mit dem nüchternen, ergebnisorienten Spiel der Ägypter an. Noch Mitte der Woche hatten die Ghanaer befremdet auf ein Foto in der größten ghanaischen Tageszeitung Daily Graphic gestarrt: Auf dem waren die ägyptischen Spieler und ihr Trainer zu sehen gewesen, wie sie eine Kuh opferten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!