piwik no script img

AfghanistanKabul im Fokus der Taliban

Die Taliban ändern ihre Strategie nach dem Muster der Aufständischen im Irak und wollen die Gewalt nach Kabul zu tragen. Angeblich meldeten sich viele freiwillig als Sebstmordattentäter

Erste Anzeichen der neuen Terroroffensive: Zerbombter Polizeibus in Kabul Bild: dpa

BERLIN taz/rtr/dpa Die Taliban haben es auf Kabul abgesehen. In ihrem Kampf gegen die internationalen Truppen in Afghanistan und die Karsai-Regierung wollen sie dort verstärkt Attentate verüben. Das erklärte am Donnerstag einer ihrer Sprecher, Zabijullah Mudschahed, gegenüber dem britischen Sender BBC. Er sagte: "Wir werden unseren Druck auf Kabul erhöhen, denn Kabul ist die Hauptstadt und dort sind die fremden Truppen konzentriert. Das wird unter nächstes Ziel sein."

Laut Mudschahed soll sich die geänderte Vorgehensweise der Taliban offen an der Strategie der Aufständischen im Irak orientieren, denn schließlich hätten beide auch den gleichen Feind. Außerdem habe sich diese Strategie "beim Bekämpfen des Feindes als effektiv erwiesen", so der Sprecher.

Er fügte hinzu, Behauptungen, die Taliban wären besiegt worden, seien falsch. Im Gegensatz zum letzten Jahr hätten sie ihre Operationen in ganz Afghanistan sogar vervierfacht. Die Taliban seien wiedererstarkt, nachdem die Nato sie unterwandern und einige ihrer Führer umbringen ließ. Die Taliban seien nun auf der Suche nach den Spionen.

Mudschahed sprach von einem starken Zustrom von Freiwilligen, die bereit seien, im Kampf gegen die Besatzung Selbstmordanschläge durchzuführen. Man habe aber nicht die Absicht, Zivilpersonen zu töten, auch wenn dies gerade beim Kampf mit Bomben kaum der eigenen Kontrolle unterläge. Der Gegner würde schließlich ebenfalls den Tod Unschuldiger verursachen. Die Freiwilligen würden dementsprechend trainiert, zivile Opfer zu vermeiden.

Das afghanische Innenministerium reagierte inzwischen auf die Ankündigung und sprach von einer reinen Propagandakampagne. Die Sicherheitskräfte seien in der Lage, jeden Terrorplan zu vereiteln.

Die Taliban haben auch ihre Radiostation wieder aufgebaut. Seit drei Tagen sende die "Stimme der Scharia" wieder täglich eine Stunde, sagte Mudschahed. Das Programm habe mit einer Botschaft des untergetauchten Taliban-Führers Mullah Omar begonnen. Örtliche Behördenvertreter in den Südprovinzen bestätigten die Angaben, betonten aber, dass der Empfang sehr schwach sei.

Trotz der Verlautbarung der Taliban, die Hauptstadt mit Gewalt zu überziehen, konzentrierten sich Kämpfe und Attentate der letzten zwei Tage weiterhin vor allem im Süden des Landes. Am Mittwoch wurden dort bei einem Anschlag drei kanadische Soldaten getötet. Im Osten Afghanistans kam am Donnerstag ein Nato-Soldat durch eine Landmine ums Leben. Vier weitere wurden verletzt, wie das Bündnis mitteilte. Der Sprengsatz sei während eines Einsatzes unter dem Fahrzeug der Soldaten explodiert. Aus welchem Land die Soldaten stammen, wurde nicht bekannt.

Derweil hat Iran Vorwürfe zurückgewiesen, Teheran unterstütze die Taliban in Afghanistan und beliefere sie mit Waffen. Entsprechende Anschuldigungen aus dem Westen und aus Afghanistan selbst entbehrten jeder Grundlage, sagte Vizeaußenminister Mehdi Safari nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA am Donnerstag in Teheran.

Die USA und Großbritannien haben mehrfach erklärt, in Afghanistan seien aus dem Iran stammende Waffen für die Taliban gefunden worden. Die afghanische Polizei berichtete Anfang der Woche, mehr als 20 bewaffnete Männer seien aus dem Iran über die Grenze gekommen und in die Sirkoch-Region gefahren, wo die Kämpfe zwischen Aufständischen und Koalitionstruppen seit Monaten eskalierten. Der regionale Polizeikommandant präsentierte fünf kürzlich entdeckte Anti-Panzer-Minen, die iranische Zeichen trugen. Afghanistans Präsident Hamid Karsai hatte solche Vorwürfe an die Adresse Teherans in der Vergangenheit allerdings zurückgewiesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!