Afghanistan: Entführte Entwicklungshelferin befreit

Die afghanische Polizei hat die am Samstag entführte Deutsche befreien können - und die Täter gefasst. Auch die Morde an zwei Journalisten der Deutschen Welle wurden offenbar aufgeklärt.

Christina M. im afghanischen Fernsehen. Bild: ap (Aufnahme vom Fernseher, Tolo TV)

KABUL dpa/reuters/taz Knapp eineinhalb Tage nach ihrer Entführung in Kabul ist die 31-jährige Entwicklungshelferin Christina M. in der Nacht zum Montag von afghanischen Sicherheitskräften befreit worden. Der Chefermittler der Kabuler Polizei, Alishah Paktiawal, erklärte, die Deutsche sei wohlauf. Auch das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte am späten Abend die Befreiung. "Sie befindet sich in sicherer Obhut der deutschen Botschaft in Kabul", sagte eine Sprecherin. Der vor einem Monat verschleppte deutsche Bauingenieur ist weiter in den Händen seiner Entführer. Bei dem Einsatz konnte die afghanische Polizei offenbar auch die Entführer fassen. Dem Kabuler Innenministeriums zufolge sollen, bei der Befreiung der Geisel in der Nacht zuvor vier Menschen festgenommen worden sein. Zudem sei der Drahtzieher der Morde an zwei deutschen Journalisten gefasst worden. Die beiden Deutsche-Welle-Mitarbeiter waren im vergangenen Oktober in Nordafghanistan erschossen worden.

Christina M. arbeitet für die Hilfsorganisation ora international. Sie war am Samstag in Kabul aus einem Restaurant heraus vor den Augen ihres Mannes von vier bewaffneten Männern in Zivilkleidung verschleppt worden. Eine sofort eingeleitete Verfolgungsjagd durch die Polizei verlief zunächst ohne Erfolg. Dabei starb ein Taxifahrer durch eine verirrte Kugel.

Der private Sender Tolo TV in Kabul hatte am Sonntag ein Video mit der Geisel und einem der Entführer ausgestrahlt. Christina M. las von einem Blatt ab, dass es ihr gut gehe und sie nicht bedroht werde. In dem Video trat einer der Entführer vermummt auf und sagte, die Geiselnehmer gehörten nicht den radikal-islamischen Taliban an. Seine Gruppierung fordere die Freilassung "unschuldiger Gefangener" aus afghanischer Haft.

Am Sonntag gab es auch von dem entführten 62-Jährigen Bauingenieur Rudolf B. ein Lebenszeichen. ARD-Reporter aus Kabul berichteten, sie hätten am Sonntag telefonisch Kontakt zu ihm gehabt. Dieser habe gesagt, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Er habe gefragt, warum nicht Lösegeld gezahlt werde, damit die Entführung schnell zu Ende gehe. Der Ingenieur habe die deutsche Botschaft in Kabul aufgefordert, sich stärker für seine Freilassung zu engagieren, berichtete die ARD weiter. Unklar blieb, unter welchen Bedingungen das Gespräch zustandekam.

Unterdessen wollen sich immer mehr Hilfsorganisationen angesichts von Entführungen und Anschlägen aus Afghanistan zurückziehen. Malteser-Sprecherin Claudia Kaminski sagte dem "Tagesspiegel" (Montag), der letzte deutsche Mitarbeiter werde im Oktober zurückkehren. Die vor 26 Jahren von Bundestagsabgeordneten gegründete Organisation "help" sei inzwischen nur noch mit Mitarbeiter aus Deutschland in Herat vertreten. Die Welthungerhilfe, die im März einen Mitarbeiter verlor, der von den Taliban erschossen worden war, beginne derzeit keine neuen Projekte mehr.

Rupert Neudeck, Gründer der Hilfsorganisation "Grünhelme", hält den Einsatz von deutschen Mitarbeitern in Afghanistan für zu gefährlich. "Wir haben vor eineinhalb Jahren alle deutschen Mitarbeiter aus Afghanistan abgezogen", sagte Neudeck der Tageszeitung "Die Welt" (Montag). Neudeck sprach sich auch dagegen aus, zivile Helfer militärisch schützen zu lassen. "Dann ist es sogar besser, aus einer Situation rauszugehen. Besser keine Arbeit machen, als mit einer parteilichen bewaffneten Begleitung aufzutreten."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.