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Affentheater im Tierheim

■ ZDF-Sendung „Drehscheibe“ zu Gast im Tierheim: Hitziger TV-Schlagabtausch zwischen Tierversuchsgegnern und Befürwortern wie Prof. Gerhard Roth

„Sie sind ein zynischer Idiot!“ hallt es Ivar Aune empört entgegen. Der Grund für diese Aussage: Aune ist Geschäftsführer des Frankfurter Institutes für Gesundheit und Forschung und beteiligte sich gestern an einer Diskussion über Tierversuche – umkreist von einem emotional aufgeladenen Publikum. Der Biologe und Tierversuchs-Befürworter war zu einem verbalen Schlagabtausch in das Bremer Tierheim gekommen – und fand dort nur Professor Gerhard Roth von der Universität Bremen als einzigen Fürsprecher.

Der Bremer Tierschutzverein hatte zum Streitgespräch ins Tierheim geladen, und so waren auch die Gegner der Tierfolter ebenso engagiert wie zahlreich herbeigeeilt. Selbst Daheimgebliebene konnten die hitzige Diskussion verfolgen: Zum Live-Streit war eigens das ZDF angerückt. Zwischen Mikrophonen und Monitoren, Kabeln und Kameraleuten traten ingesamt drei Streitende zur Debatte über Tierversuche an. Telegenen Rahmen für Biologe Aune, Professor Roth und die geladene Fachreferentin vom Tierschutzbund, Ursula Sauer, lieferten treue Hundeblicke aus den Käfigen des Tierheims und das Mauzen und Mauen der Katzen.

Just als die Live-Übertragung der altbekannten ZDF-Sendung „Drehscheibe“ begann, fingen auch schon die Haflinger an zu schnauben. Die Pferde guckten eifrig in die ZDF-Kameras und zogen auch mal am Ärmel – ganz unabhängig vom anschließend ausführlich begründeten „Ja“ zum Tierversuch von Biologe Aune aus Frankfurt. Er verspricht sich neue Erkenntnisse, weil das Gehirn generell ein „weißer Fleck auf der Landkarte“ sei.

Und da stimmte ihm Professor Roth aus Bremen zu: Der Erkenntnisgewinn sei enorm – gerade bei Tierversuchen an Amphibien, Ratten oder Affen zur Erforschung von Alzheimer oder Parkinson. Mit dem Nachweis der „Schizophrenie an Fröschen“ hätte das alles aber nichts zu tun, witzelt Roth.

Grundlagenforschung lautete auch an diesem Tag das Zauberwort – und die Forscher wurden auch gestern nicht müde, die technischen Vorgänge nochmals zu erläutern: Während Fernsehtechniker weiter Kabel verlegten, beteuerte Biologe Aune: Heute würde nur noch „ein kleines Loch in die Schädeldecke gebohrt“, um den Affen zu verdrahten. Über Bildschirme werde das Affenhirn beobachtet. Danach werde der Primat eingeschläfert, sein Gehirn weiter untersucht. Wegen ihrer fehlenden Intelligenz machten die Affen die Versuche „völlig freiwillig mit“, betonte der Biologe. Sie würden wie dressierte Hunde den Primatenstuhl besteigen.

„Märchenstunde“, riefen daraufhin die empörten Tierschützer, und Moderatorin Claudia Burkhardt hatte alle Mühe, die aufgebrachten Zuschauer zu beruhigen. Im Tierheim blieb es allerdings bei Kraftausdrücken. In der Vergangenheit war es dagegen an der Bremer Uni – wo Professor Gerhard Roth mit Gehirnforscher Andreas Kreiter Tierversuche durchführt – zu Drohanrufen gegenüber Wissenschaftlern gekommen. Auch die Tierversuchsgegner seien Drohungen ausgesetzt worden.

Die Wogen glätteten sich erst, als die geladene Fachreferentin vom Deutschen Tierschutzbund die Freiwilligkeit des Tieres als „Affentheater“ entlarvte. Ursula Sauer erklärte das Zucker-Brot-und-Peitsche-System so: Der Affe erhalte auf dem Primatenstuhl immer etwas zu trinken – seine Motivation, den Stuhl zu betreten, sei also auch dem Laien ohne biologischen Sachverstand erklärbar. „Ob Ergebnisse auf Menschen zu übertragbar sind, ist zu bezweifeln“, so ihr generelles Statement zum Tierversuch.

Alternative Tests forderte die Fachreferentin vom Tierschutzbund und schlug vor, menschliche Gehirnströme zu messen. Der Mensch soll verdrahtet werden – allerdings ohne Loch im Kopf. Die Labors sollten wieder „affenfreie Zone“ werden. Aber auch das vermochte die empörten Zuschauer nicht so richtig zu beruhigen: Einige waren so zornig, daß sie die Gunst der Stunde nutzten – und kurz vor Sendeschluß noch vor die Fernsehkameras sprangen, um vor der ganzen Bildschirm-Nation ihrer Wut über Tierquälerei freien Lauf zu lassen. Und das selbstverständlich live. Ulrike Löw

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