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AfD-Kandidat in Thüringer LandratswahlHerrgott noch mal gegen Thrum

Nachdem der AfD-Kandidat beim ersten Wahlgang im Saale-Orla-Kreis vorne lag, bekommt sein CDU-Gegner, Christian Herrgott, Unterstützung von links.

Pflegt auch Kontakt zu Reichsbürgern: Landratswahl-Kandidat Uwe Thrum (AfD) Foto: Bodo Schackow/picture alliance

Berlin taz | Im thüringischen Saale-Orla-Kreis dürfen die Wäh­le­r*in­nen am Sonntag erneut ankreuzen, wen sie als neuen Landrat wollen. Von vier Kan­di­da­t*in­nen sind in der Stichwahl noch Uwe Thrum (AfD) und Christian Herrgott (CDU) übrig. Im ersten Wahlgang lag Thrum mit 45,7 Prozent der Stimmen klar vor Herrgott, der 33,3 Prozent bekam. Das Interesse an der Wahl ist groß – und die Sorge vor einem weiteren AfD-Landrat ist es auch.

Der AfD-Landtagsabgeordnete Uwe Thrum warb nun vor der Stichwahl unter anderem damit, dass er sich von Beginn an gegen die Corona-Politik gewehrt habe, gegen Grenzöffnungen sei und Frieden mit Russland wolle. Der AfD-Politiker und Handwerker pflegt zudem Kontakte zu Reichsbürgern. Sein Fraktionsvorsitzender, der Faschist Björn Höcke, unterstütze ihn im Wahlkampf.

Kontrahent Christian Herrgott ist als Landtagsabgeordneter und Generalsekretär der Thüringer CDU ein erfahrener Politiker. Nach zehn Jahren im Landtag wolle er nun „die Heimat stärken“. Moderne Schulen und Turnhallen stehen bei seinen Themen ganz oben. In einer Werbeanzeige Herrgotts stehen allerdings andere Forderungen: „Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald verhindern.“ Auf Nachfrage der taz verweist er darauf, es handle sich nicht um sein Wahlprogramm, sondern lediglich um seine „politischen Grundüberzeugungen“.

Über mangelndes Interesse an der Wahl kann sich der Saale-Orla-Kreis nicht beschweren – das zeigt sich auch bei der Beteiligung. Während bei der vorherigen Wahl 2018 33,2 Prozent ihre Stimme abgaben, waren es dieses Mal im ersten Wahlgang fast doppelt so viel: 65,5 Prozent. Aber es ist fraglich, ob wieder so viele am Sonntag ihr Kreuzchen setzen.

Wahlaufruf im Saale-Orla-Kreis

Genau dazu ruft ein Bündnis in einem offenen Brief auf: Wählen gehen. Dort heißt es, man sei besorgt um ein „fruchtbares Miteinander“, der Kreis stehe vor Aufgaben, „die wir nur gemeinsam, mit Sachverstand“ lösen könnten. Dafür brauche es einen Landrat, der „Probleme vor Ort ohne Feindbilder“ löse. Unterzeichnet haben soziale Initiativen wie die Diakonie, Bürgermeister*innen, Privatpersonen und auch der bisherige Landrat Thomas Fügmann (CDU).

Doch trotz des großen Interesses an der Wahl wollte sich Uwe ­Thrum keiner Debatte mehr stellen. Eine für Dienstag geplante Podiumsdiskussion der Lokalen Ostthüringer Zeitung sagte er am Montag ab. Wegen der „medialen Hetzjagd“ gegen ihn erwarte er keine sachliche Diskussion. Wer seine „unverfälschte“ Position hören wolle, könne zu seiner Kundgebung am Abend in Bad Lobenstein kommen.

Doch auch diese Kundgebung blieb nicht ohne Kritik. Das lokale Bündnis „Dorfliebe für alle“ mobilisierte zu einer Mahnwache dagegen. Laut Bündnis kamen dorthin mehr als 120 Menschen – für Bad Lobenstein eine Menge.

Auch Ralf Kalich kam und hielt eine Rede. Die AfD-Sym­pa­thi­san­t*in­nen seien von dem Gegenprotest verunsichert, sagt er: „Die sind es hier ja nicht gewohnt, dass auf der anderen Seite genauso viele sind.“ Der Kandidat der Linken bekam im ersten Wahlgang 6,9 Prozent der Stimmen und schied damit aus. Nun wirbt er dafür, das Kreuz bei Herrgott zu setzen.

Dem Saale-Orla-Kreis fehlen junge Menschen

Wegen dessen politischer Ansichten sei das nicht leicht. „Dass ich da andere Vorstellungen habe, brauchen wir nicht zu diskutieren“, sagte Kalich der taz. Aber in der Kommunalpolitik gäbe es gemeinsame Ziele: eine flächendeckende Gesundheitsversorgung oder die Finanzierung von Rettungswachen.

Trotzdem sei es schwer, junge Wäh­le­r*in­nen aus der linken bis linksautonomen Szene zu überzeugen. Denen sage Kalich dann: „Ihr stimmt nicht für die CDU, ihr stimmt gegen die AfD.“

Doch viele junge Menschen verlassen den Saale-Orla-Kreis für das Studium oder die Ausbildung. Die Bevölkerung altert und die Ein­woh­ne­r*in­nen­zah­len gingen von 1994 noch 103.000 Menschen auf mittlerweile etwa 79.000 zurück.

„Es fehlen öffentliche Räume für junge Menschen“, sie könnten so das Leben schwer mitgestalten, sagte die 23-jährige Lena Grundmann von „Dorfliebe für alle“ der taz. „Dabei kann die Energie junger Menschen viel Gutes für die Gesellschaft tun.“

Zudem fehle es an Förderung für Frauen, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen. „Mit einem AfD-Landrat dürfte die auch weiter ausbleiben“, findet Grundmann.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "In einer Werbeanzeige Herrgotts stehen allerdings andere Forderungen: „Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald verhindern.“ Auf Nachfrage der taz verweist er darauf, es handle sich nicht um sein Wahlprogramm, sondern lediglich um seine „politischen Grundüberzeugungen“."

    Also ca. dieselben "Grundüberzeugungen" wie jeder generische AfDler.



    Na dann ist ja alles im Lack.

  • "Ich wähle eine Partei aus Überzeugung, nicht aus Strategie."



    Das kann ich von mir leider schon länger nicht mehr behaupten. Ich suche mir leider in aller Regel das meiner Ansicht nach kleinste Übel aus.



    "Ja dann werden vermutlich einige Ämter mehr an die AfD fallen"



    Das halte ich für gefährlichen Fatalismus. Und wenn es wie hier nur zwei Möglichkeiten gibt, dann wähle ich lieber die, die mir sehr wenig gefällt, als die, die mir überhaupt nicht gefällt. Es kann durchaus sinnvoll sein, sich mit seiner Stimme einfach nur daran zu beteiligen, das Schlimmste zu verhindern...

    • @HopeDrone:

      ups, war an Farang unten gedacht

  • "Zudem fehle es an Förderung für Frauen, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen. „Mit einem AfD-Landrat dürfte die auch weiter ausbleiben“, findet Grundmann."



    Aber vom Kandidaten der CDU erhofft sie sich das??? Wofür steht der Kandidat nochmal? Ach ja richtig, „Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald verhindern.“ Das hört sich sehr weltoffen an, der hat bestimmt ein Ohr für inter, trans und co...



    "Trotzdem sei es schwer, junge Wäh­le­r*in­nen aus der linken bis linksautonomen Szene zu überzeugen. Denen sage Kalich dann: „Ihr stimmt nicht für die CDU, ihr stimmt gegen die AfD.“" 😂 genau, that's the spirit, ihr stimmt damit gegen die AfD und für "Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald verhindern." Yeah 🥳



    Entschuldigung aber das zeigt doch einmal mehr die völlige Idiotie der "alle gegen Rechts" bzw. "AfD verhindern" Kampagnen 🤷‍♂️



    Wofür brauchen wir dann überhaupt noch verschiedene Parteien? Is ja eh egal, entweder man wählt AfD oder eben dagegen, Farbe egal - rot, grün, gelb, schwarz suchs dir aus.



    Genau DAS führt doch zu Politikverdrossenheit, wenn man wie hier Linke oder Grüne Wähler bequatschen will, nur um des Verhinderns Willens für einen Kandidaten zu stimmen, der so ziemlich gegen alles ist, wofür man als Wähler dieser Parteien eigentlich so einsteht.



    Ich wähle eine Partei aus Überzeugung, nicht aus Strategie. Ja dann werden vermutlich einige Ämter mehr an die AfD fallen - wenn es die Wähler so wollen 🤷‍♂️, das ist halt auch Demokratie - aber wenigstens behält man so seine Integrität.

    • @Farang:

      "Ich wähle eine Partei aus Überzeugung, nicht aus Strategie."

      Das kann ich von mir leider schon länger nicht mehr behaupten. Ich suche mir leider in aller Regel das meiner Ansicht nach kleinste Übel aus.

      "Ja dann werden vermutlich einige Ämter mehr an die AfD fallen"

      Das halte ich für gefährlichen Fatalismus. Und wenn es wie hier nur zwei Möglichkeiten gibt, dann wähle ich lieber die, die mir sehr wenig gefällt, als die, die mir überhaupt nicht gefällt. Es kann durchaus sinnvoll sein, sich mit seiner Stimme einfach nur daran zu beteiligen, das Schlimmste zu verhindern...

      • @HopeDrone:

        Das halte ich für gefährlichen Fatalismus."



        Wenn sie meinen, das seinen Idealen treu bleiben gleichzusetzen ist mit sich seinem Schicksal ergeben, dann ja 🤷‍♂️



        Ich könnt jedenfalls nicht ruhig schlafen einen Kandidaten gewählt zu haben, der "Bürgergeld abschaffen. Konsequent abschieben. Windkraft im Wald verhindern." als seine Agenda vertritt, 'nur' um einen AfD-Landrat verhindert zu haben.



        Das ist doch genau das was 'wir' den Parteien vorwerfen - das sie der AfD zunehmend nach dem Munde reden in der Hoffnung so den Höhenflug der AfD zu beenden, statt endlich wieder den Fokus auf die eigenen politischen Agenden zu legen und politische Lösungen versuchen zu erarbeiten.



        Durch die teilweise Übernahme des AfD Sprechs legitimieren ja die anderen Parteien sogar noch die AfD🤦‍♂️



        Haltung wahren hat da für mich den höheren Stellenwert 🤷‍♂️



        Die Parteien sollen echte Gegenangebote und keine AfD-light Forderungen abgeben und am Ende entscheiden eben die Bürger über ihre Zukunft - das ist der Sinn der Demokratie, sonst können wirs lassen.



        Ja das kann im Triumph der AfD enden, aber nochmal, das ist dann halt auch Demokratie.

  • Nach allem was so ans Tageslicht kam, sollte sowohl die Cdu als auch die Afd tabu sein.

    • @Frank Klausen:

      Kann man so sehen.

      Im Ergebnis wird es dann halt einen weiteren Nazi-Landrat geben.

      • @Gachmuret:

        Dieser Fall ist ja glücklicherweise nicht eingetreten.