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Ärgerlich

■ betr.: „Little Historians“ (Das Buch des amerikanischen Politolo gen Daniel Jonah Goldhagen wird keinen neuen Historikerstreit aus lösen), taz vom 13./14. 4. 96

Der Kommentar von Mariam Niroumand ist nun wahrlich ärgerlich und wird dem zur Diskussion gestellten Buch von Daniel J. Goldhagen in keinster Weise gerecht. So muß man den Thesen von Goldhagen gewiß nicht zustimmen, aber man sollte ihn richtig lesen und zumindest treffend zitieren.

So beschwerten sich die Mitglieder des Polizeibataillons eben nicht darüber, daß die Frau des Offiziers Wohlauf sich „gescheut habe“, den Erschießungen beizuwohnen – wie Frau Niroumand schreibt. Im Gegenteil: Die Mörder empörten sich, daß die schwangere Frau dem Abschlachten Hunderter Männer, Frauen und Kinder zusah!

Desweiteren ist in dem in der Zeit abgedruckten Auszug aus Goldhagens Buch an keiner Stelle von einem „quasi genetisch transportierten“ Antisemitismus die Rede. Der amerikanische Historiker vertritt aber die These, daß ein Großteil der Täter überzeugte Antisemiten waren, die das Ermorden von Juden als gerechtfertigt ansahen und von der Zahl ihrer Opfer geradezu mit Stolz erfüllt wurden. Ein „Beschwören“ des Antisemitismus durch den Autor kann ich in dieser – durchaus provozierenden – These wahrlich nicht erkennen.

Und schließlich ist die persönliche Diffamierung eines Autors mehr als nur schlechter Stil. Die Unterstellung, Goldhagen und Ulrich würden die aktuelle Diskussion zwischen Intentionalisten und Funktionalisten nicht kennen, grenzt an freche Dreistigkeit. Woher nimmt Frau Niroumand das Recht für diese Aussage? Goldhagen hat sich über Jahre hinweg mit dem Nationalsozialismus beschäftigt, und Ulrich geht in seinem kurzen Beitrag in der Zeit eben genau auf die von Mariam Niroumand vermißte Problematik ein.

Vielleicht sollte sich Frau Niroumand auf das Schreiben von Filmkritiken beschränken. Ihre für dieses durchaus ernste und wichtige Thema mehr als unangemessene Wortwahl läßt vermuten, daß sie sich mit dem „Hype“ von Filmen wie „Pulp Fiction“ und „Fantasy-Material der vierziger und fünfziger Jahre“ sowie „Billigvideos“ erheblich besser auskennt. Peter Krause, Dipl.-Pol., Berlin

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