Ärger wegen Flug- und Bahntickets: Beschwerden auf Rekordhoch
Die Coronapandemie strapaziert die Nerven von Flugpassagieren und Bahnkunden. Doch nicht alle dürfen auf Kulanz hoffen.
In rund 80 Prozent der Fälle ging es um ausgefallene Flüge. Eigentlich müssen Airlines Tickets innerhalb von sieben Tagen erstatten. Wegen der Pandemie hätten die Fristen jedoch nicht immer eingehalten werden können, teilte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft mit. Weil der Flugverkehr zusammenbrach, gerieten Airlines in Geldnot. Kurzarbeit erschwerte die Bearbeitung der Beschwerden.
„Viele Kunden mussten sehr lange auf ihr Geld warten“, sagte Marion Jungbluth vom Bundesverband der Verbraucherzentralen der taz. Die Airlines hätten zuerst versucht, die Passagiere mit Gutscheinen abzuwimmeln. Die EU-Kommission hatte allerdings im Mai entschieden, dass das nicht zulässig ist. Weil die Rechtslage nun klar ist, seien die meisten Schlichtungsverfahren auch erfolgreich, sagte Heinz Klewe, Geschäftsführer der SÖP. Ein Großteil der Fluggäste hätte mittlerweile ihr Geld zurückerhalten.
Anders als Bahnkunden: Der Konzern hatte Zugreisenden anfangs Gutscheine für vor dem 13. März gebuchte Fahrten gewährt, die drei Jahre gültig sind. „Ab dem 4. Mai gab es allerdings keine Kulanz mehr“, sagt Klewe. Konkret betrifft das Sparpreistickets. Zwar können Kunden ihre Fahrkarten bis einschließlich 31. Oktober flexibel nutzen, die gebuchte Verbindung können sie allerdings nicht verändern. Fällt der eigentliche Reisezweck weg – zum Beispiel ein Konzertbesuch – macht es auch keinen Sinn, die Reise zu verschieben.
61 Prozent mehr Bescherden bei der Bahn
Unter anderem deshalb haben sich im ersten Halbjahr 2308 Bahnkunden an die Schlichtungsstelle gewandt – das sind 61 Prozent mehr als im Vorjahr. “Dass es keine Rückgabemöglichkeit für die Tickets gibt, ist ärgerlich“, sagt auch Karl Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Aus Kulanzgründen wäre es seiner Ansicht nach sinnvoll gewesen, die Kunden zu entschädigen. Gleichzeitig verzichteten Passagiere bei Sparpreisen aber nun einmal auf die Möglichkeit, das Ticket zu stornieren – rechtlich könne man der Bahn also keinen Vorwurf machen.
Für Verbraucher sei die mangelnde Kulanz der Bahn dennoch „ein großes Aufregerthema“, sagt Jungbluth. So könnten viele Kunden nicht verstehen, warum der Konzern erst eine Gutscheinlösung anbot und dann ab Mai plötzlich nicht mehr. Eine Bahnsprecherin teilt hierzu auf Anfrage der taz mit: „Auch wir unterliegen unternehmerischen Zwängen und müssen für unsere Kulanzmaßnahmen einen Rahmen setzen.“
Verbrauchern, die aktuell noch mit Airlines und Bahn streiten, rät Jungbluth dennoch, sich an die Schlichtungsstelle des Personenverkehrs zu wenden. 2019 konnten dort zumindest in 90 Prozent der Fälle eine Einigung gefunden werden.
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