■ Ein neues Schweizer Biobier erregt deutsche Zöllnerseelen: Ärger um Hanf Wädi Bräu
Wollen wir zunächst einmal festhalten, daß der Ursprung allen Übels in der Schweiz liegt. Anders kann es ja auch nicht sein, denn wer würde bei uns auf die Idee kommen, jenes Gebot des 23. April 1516 zu umgehen? Niemand! Man denke nur an diesen kleinen Ort in der Oberpfalz, Fischbach, wo die Ruine Stockenfels noch heute daran erinnert, wie grausam bayerische Bierpanscher gequält wurden. Unterstellen wir ruhig, dieser Ort der ewigen Qualen für schlechte Bierproduzenten tut auch heute noch seine Wirkung.
Täte er dies nur auch im Nachbarland. Dort nämlich kam man vor kurzem auf die „trendy“ Idee, ein Hanfbier zu brauen. Haschisch zum Trinken quasi. Igitt! Unsäglich, wo doch 1516 festgelegt wurde, daß nur Gerste, Hopfen (wenn auch kräftig gespritzt inzwischen) und Wasser verwendet werden dürften. Das Weizenbier, soviel sei pingeligerweise angemerkt, wird auch nach dem Reinheitsgebot gebraut. Welch Wunder!
Fest steht nun: Auch deutsche Importeure sind sich nicht zu schade, „Hanf Wädi Bräu Bio- Bier, mit Hanfblüten gewürzt“ in unser reines Land einzuführen. Stolz brüstet sich gar der Osnabrücker Hanfguru Armin Hohlt vom ortsansässigen „Hanfwerk“, daß er bei der Einfuhr und beim Verzollen niemals Probleme hatte. Bislang! Wird sich ändern, steht zu vermuten, wenn auch nicht, wie man linearem Denken zufolge meinen möchte, wegen der bösen und engstirnigen Bayern. Nein, diesmal sind die Württemberger – genauer gesagt die Badener – schuld. Die Chemische Landesuntersuchungsanstalt Freiburg hat nämlich interveniert. Ganz oben. In Berlin, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Und dort, in der sogenannten „Bundesopiumstelle“, ist jetzt die Sache Hanfbier anhängig. Als kürzlich für eine Hanfmesse ein fränkischer Kleinimporteur sein Hanfbierchen aus der Schweiz einführen wollte, als er sich schon freute, daß bayerische Behörden keine Einwände haben, bremsten ihn die Freiburger durch offensichtlich gute Kontakte zu den Baseler Zöllnern aus.
Da kann der gute Alfons Schneider noch so sehr auf die Bewilligung des Berner Bundesamtes für Gesundheitswesen pochen, noch so vehement darauf hinweisen, daß keine Cannabinole drin sind im Hanfbier. Doktor Wilhelm Schinkel von der „Bundesopiumstelle“ erklärt eisern, daß die Prüfungen noch eine Zeitlang dauern werden. Keine konkrete Äußerung zur betäubungsmittelrechtlichen Sicht zunächst, aber ein Hinweis auf das Lebensmittelrecht. Es gebe lebensmittelrechtliche Bedenken, denn ein Getränk, in dem Hanf enthalten sei, würde wohl kaum als Bier „durchgehen“. Nun wird also solange geklärt, bis irgendwann jemand festlegt, ob das Wädi-Hanfbier in deutschen Landen getrunken werden darf oder nicht. Und womöglich werden die ersten Importeure schon bald auf die Ruine Stockenfels verbannt. Von den Frevlern ganz zu schweigen, die – in Berlin – bereits beantragt haben, selbst Hanfbier brauen zu dürfen. Klaus Wittmann
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