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KommentarÄngstliche Reform

■ Mit Verfassungs-Kleinkram vors Volk

Die Volksabstimmung ist das vornehmste Recht des Volkes. In Bremen ist dieses Recht so vornehm, daß das Volk seit Kriegsende erst ein einziges Mal davon Gebrauch gemacht hat. Das ist 47 Jahre her und diente der Verabschiedung einer Landesverfassung, die bis heute so gut wie unverändert blieb.

Jetzt soll das Volk wieder an die Urne. Und tatsächlich gibt es gute Gründe, die Verfassung zu erneuern. Schließlich gibt es im kleinsten Bundesland bisher keine saubere Trennung von Parlament und Senat, von Legislative und Exekutive. Den Ausschüssen der Bürgerschaft, „Deputationen“ genannt, sitzt der jeweilige Senator vor – und diktiert den gewählten Parlamentariern die Bedingungen der übermächtigen Verwaltung. Trotzdem leistet sich der Zwei-Städte-Staat üppige 100 Abgeordnete mit dem entsprechenden Apparat. Und an der Basis knüpfen 22 Ortsamtsbeiräte den direkten Draht zur Bevölkerung, haben aber rein gar nichts zu entscheiden.

Doch an diese wirklich wichtigen Dingen haben sich die Verfassungsreformer nicht herangetraut. Stattdessen legen sie dem Volk neben einer Menge Kleinkram lediglich die Erleichterung künftiger Verfassungsänderungen zur Entscheidung vor. Und die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung der Bürgerschaft – aber auch das nicht etwa durch das vornehme Volk, sondern nur durch die ängstlichen Abgeordneten selber. Dirk Asendorpf

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