Änderung im Haushaltsgesetz: Nicht unbedingt gerechter
Wenn der Senat Bezirke zur Kofinanzierung zwingt, kann das auf Kosten von Projekten ohne starke Lobby gehen.
Manchmal verbirgt sich hinter vermeintlich kleinen Streitereien ein weit grundsätzlicheres Problem. Das ist auch in Pankow der Fall, dort sorgte der Konflikt um die Finanzierung des Kinderbauernhofs Pinke Panke in der vergangenen Woche für Aufregung. Der Bezirk wollte die Unterstützung für dieses Jahr um die Hälfte zurückfahren, dem Bauernhof hätten damit auf einen Schlag rund 40.000 Euro an Projekt- und Honorarmitteln gefehlt.
Doch eine im Dezember noch ins neue Haushaltsgesetz gerutschte Ergänzung schob diesen Plänen einen Riegel vor: Die Abgeordneten von Rot-Rot-Grün hatten beschlossen, dass die Bezirke nicht mehr aus der Finanzierung von Projekten aussteigen können, wenn die Landesebene diese kofinanziert. Pankows Jugendhilfeausschuss musste am Dienstag die im November beschlossenen Kürzungen zurücknehmen.
Böses Jugendamt, armer Bauernhof, richtiger Vorstoß von Rot-Rot-Grün? So einfach ist es nicht. Der Grundgedanke leuchtet zwar ein: Die Bezirke sollen sich nicht aus der Verantwortung stehlen können, wenn das Land zuschießt – um dann mit dem Geld irgendwo anders ein Haushaltsloch zu stopfen.
Tatsächlich sorgt die Gesetzesänderung jedoch nicht zwangsläufig für mehr Gerechtigkeit. In Pankow müssen nun fünf andere Projekte – etwa ein Mädchentreff und ein Club für benachteiligte Jugendliche –, die sich über die Pinke-Panke-Gelder gefreut hätten, wieder bangen: nämlich darum, dass der Bezirk die schon versprochenen Mittel noch irgendwo anders im Haushalt findet.
Notgroschen im Bezirkssäckel
Pankows Jugendstadträtin Rona Tietje (SPD) ist zwar optimistisch und guten Willens, wie sie der taz sagt. Das ist einerseits schön, und es zeigt auch: Wenn eine gewisse öffentlichkeitswirksame Aufmerksamkeit entsteht – die Pinke-Panke-Leute waren da mit Protestaktionen und einer Onlinepetition recht erfolgreich –, kann diese Gesetzesänderung positiven Druck erzeugen.
So mancher Stadtrat oder so mache Stadträtin entdeckt da vielleicht doch noch einen Notgroschen im Bezirkssäckel.
Das muss aber nicht immer so laufen. Was die Änderung im Haushaltsgesetz also vor allem schafft: dass am Ende einzelne Projekte und Vereine die Leidtragenden sein können.
Orte wie der Kinderbauernhof Pinke Panke verfügen über eine große Strahlkraft und eine auch politisch gut vernetzte Elternlobby, die öffentlichkeitswirksame Proteste auf die Beine stellen können. Bei einem Mädchentreff oder einem kleinen Jugendclub sieht das anders aus.
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