Älterwerden: Dem sein Lama leckt
Es ist zum Heulen, wenn vermeintlich Linke Befreiungskämpfer vor kapitalistischen Hühnern warnen und zu Irrtümern mutieren.
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus links. Wussten Sie schon, dass der Verzehr von üblicherweise mit weiblichen Hormonen verseuchtem Hühnerfleisch aus kapitalistischer Produktion zu sexuellen Abweichungen von der Norm führt und etwa Homosexualität auslösen oder gar das Wachstum der Brüste bei noch sehr jungen Mädchen befördern kann? Und dass der den Verbrauchern von den kapitalistischen Regierungen in Europa und den USA aufgenötigte Verzehr von genmanipulierten Lebensmitteln die Hauptverantwortung dafür trägt, dass den Menschen dort die Haare ausfallen? Nein?
Dann ist Ihnen wohl auch nicht bekannt, dass Kartoffen aus Holland Gift enthalten und die Amilimo Coca Cola nur dazu taugt, verstopfte Toiletten wieder betriebsfähig zu machen. Echt? Und Sie meinen jetzt zudem leicht angenervt, dass es sich bei diesen, mit einer gehörigen Portion Homophobie plus nachhaltigem Antiamerikanismus angereicherten steilen Thesen ohnehin nur um Quark pur handelt, vorgetragen wohl von irgendeinem Irren. Einem Lesben und Schwule hassenden jamaikanischen Reggaekünstler vielleicht. Oder einem, dem Nationalsozialismus verfallenen, sich der Todsünde der Abweichung hingebenden, gottlosen katholischen Piusbruder. Oder einem, dem westlichen Lifestyle ablehnend gegenüber stehenden Hassprediger islamischen Glaubens etwa aus einer Koranschule in Mettmann Mitte oder Gütersloh.
Ganz falsch, liebe Freundinnen und Freunde dieser kleinen linksradikalen Zeitung für das aufgeklärte Bürgertum des 21. Jahrhunderts mit dem großen Herzen auch für die Generation 31 minus im Dauerpraktikum. Aber wer hat denn diesen ganzen Stuss hoch drei nun tatsächlich verzapft? Der Evo war's. Der bolivianische Winnetou II ultra links (Uff!), der Andenrevoluzzer, unser Morales eben.
K.-P. Klingelschmitt 1970.
Jetzt sind Sie baff. Und fragen sich: Leckt dem sein Lama oder sein Caterpillar vielleicht? Vielleicht. Doch der Evo hat ja nur ein Späßchen (taz) gemacht. Und durchaus haben (fast) alle tatsächlich gelacht! Mehrfach herzlich bereits zuvor, als der nur heimisches Hühnerfleisch essende Hallodri etwa vor dem alternativen Klimagipfel in Tiquipaya regierungskritische Organisationen ausgrenzte, die Presse knebelte und damit begonnen hat, die - natürlich von den Amis finanzierte - Opposition im Lande nicht mehr nur politisch zu bekämpfen.
Unser Morales? Also: Meiner ist das nicht! Der Mann riecht mir ein bisschen zu streng nach Diktator. Erinnern Sie sich noch an Ortega? An Mugabe? Den Ayatollah? Oder an all die anderen, mutmaßlich linken Befreiungskrieger, an die exotischen Helden von uns (bundesdeutschen) Linken, die aus Platzgründen - das Format Kolumne schrumpft - hier leider nicht alle namentlich erwähnt werden können? Fast alles Irrtümer. Googeln Sie doch einmal nur so zum Spaß Ortega. Sie werden weinen (müssen). Und die Moral von der Geschichte mit Morales? We don't need another Hero (Tina Turner, 70 plus vulkanisch), aber unsere unverzichtbaren Tugenden beim Älterwerden: Der Zweifel an allem, und die Courage dazu.
Rein: Nix. Raus: Nix.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken