Ägypten im Umbruch: 20 Tote bei Kundgebung in Kairo
Eine bewaffnete Gruppe greift Demonstranten an. Die protestierten zusammen mit Anderen gegen den Ausschluss ihres Präsidentschaftskandidaten und den Militärrat.
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KAIRO taz | Eine Gruppe unbekannter Personen hat am Mittwochmorgen eine seit Freitag andauernde Demonstration vor dem ägyptischen Verteidigungsministerium attackiert. Die Angreifer in Zivil gingen dabei mit Gewehren sowie Tränengas und Knüppeln gegen die Demonstranten vor. Diese errichteten Barrikaden und attackierten die Angreifer mit Steinen und Knüppeln.
„Seit 15 Tagen haben wir auf dem Tahrirplatz gegen die Disqualifizierung unseres Präsidentschaftskandidaten Hasim Salah Abu Ismail demonstriert“, sagt der Student Mohammed, einer der salafistischen Demonstranten. „Doch nichts ist passiert. Dann sind wir hergekommen, um den Druck auf den Militärrat zu erhöhen.“ Der salafistische Präsidentschaftskandidat Abu Ismail war von den Wahlen ausgeschlossen worden, weil seine Mutter die US-Staatsbürgerschaft besaß.
Die Demonstranten haben seit Freitag eine kleine Zeltstadt errichtet. Über vielen Zelten weht die schwarz-weiße Fahne der Salafisten. „Der Militärrat macht sich über unsere Revolution lustig. Sie scheren sich kein bisschen um unsere Forderungen“, sagt Mohammed.
Seit die Demonstration am Samstag zum ersten Mal angegriffen wurde, haben sich auch andere revolutionäre Gruppen dem Protest angeschlossen. „Es geht hier nicht nur um Abu Ismail. Ich persönlich hasse ihn. Hier geht es um die gesamte Revolution“, sagt der Demonstrant Taher. Der 27-jährige Pilot trägt einen blauen Schutzhelm und ein armdicke Metallstange als Knüppel. Sein rechtes Bein ist verletzt. „Die Schlägertrupps des Regimes greifen uns hier ohne Grund an.“
Spekulationen über bezahlte Angreifer
Wer hinter den Angriffen steckt, ist unklar. Auf dem nahegelegene Abbasia-Platz, dem Zentrum der Zusammenstöße, hat es im vergangenen Jahr immer wieder Demonstrationen für den Militärrat gegeben. Andere sagen, dass die Angreifer bezahlt worden oder Sicherheitskräfte in zivil seien.
„Das Militär gibt den Angreifern die Waffen“, meint auch Ahmed Khabiry, einer der Ärzte in einem improvisierten Feldlazarett. „Woher sonst sollten sie Tränengas haben?“ Im Hintergrund versorgen Ärzte und Krankenschwestern Schnitt-, Prell- und Schusswunden. Der Oberkörper eines Opfers ist mit zwei Dutzend kleinen Schrotwunden übersäht. Laut Agenturmeldungen wurden bei den Auseinandersetzungen zwanzig Personen getötet.
Der unabhängige, gemäßigt islamistische Präsidentschaftskandidat Abdel Moneim Abul Fotuh setzte seine Wahlkampfkampagne „bis auf weiteres“ aus. Mehrere salafistische Parteien hatten kürzlich Unterstützung für seine Kandidatur signalisiert. Auch der Kandidat der Muslimbruderschaft, Mohammed Mursi, hat seine Kampagne für zwei Tage unterbrochen.
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