Adventskalender (9): Harte Tür im Konzertsaal
Eine studentisch organisierte Musikreihe bringt an der Universität der Künste in Berlin Stücke marginalisierter Komponist*innen auf die Bühne.
Marianne Martines, Graciela Paraskevaidis, Adina Izarra und Charlotte Seither – Wer kennt sie nicht? Nahezu jede*r. Warum? Weil sie nicht der Norm entsprechen. Es sind Musiker*innen, die in der Geschichtsschreibung übersehen worden sind. Aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Religion, ihrer sozialen oder nationalen Herkunft, Hautfarbe, sexueller Identität, Sprache, politischer oder sonstiger Anschauung wurden sie in den Musikkanon nicht aufgenommen – oder nachträglich rausgestrichen.
Um auf Musiker*innen wie sie aufmerksam zu machen, haben Studierende der Universität der Künste (UdK) die Konzertreihe „Musica Inaudita“ initiiert, in der sie sich der „Diversifizierung der klassischen Musikszene“ widmen. Bei den von ihn organisierten Konzerten werden ausschließlich Stücke marginalisierter Komponist*innen gespielt.
Bestehende klassistische Strukturen sorgten dafür, dass vielen Menschen die Teilhabe an musikalischer Bildung verwehrt würde, so die Organisator*innen. Das, was in den großen Häusern gespielt wird, was die Verlage veröffentlichen, was Algorithmen Zuhörer*innen auf Musikstreaming-Plattformen vorschlagen, bilde nur einen extrem begrenzten Teil der Musikgeschichte ab. Sie kritisieren, dass viele Werke nie oder kaum die Chance hätten, erlebt und gefühlt zu werden. Von allen 2019 in deutschen Berufsorchestern gespielten Werken etwa seien nur 1,9% von Frauen komponiert worden.
Um diesen bestehenden Kreislauf aus Diskriminierung und Unterdrückung zu durchbrechen, initiieren die zwölf Organisator*innen jedes Semester eine neue Konzertreihe, bei der sie diskriminierten Musiker*innen eine Plattform bieten. Das Auftaktkonzert dieses Semesters fand Ende November im Kammermusiksaal in Friedenau statt. Im neuen Jahr wird die Reihe im Jazz Institut Berlin fortgesetzt. Beginn ist am 8. Januar.
Weil Diskriminierung im Zugang zu klassischer Musik nicht nur hinter, sondern auch vor der Bühne existiert, fordern die Initiator*innen zudem einen niedrigschwelligeren Zugang zu Konzertsälen. Dazu trägt die Philharmonie mit ihren wöchentlichen Lunchkonzerten bei. Zwischen September und Juni lädt sie jeden Mittwoch um 13 Uhr zu kostenlosen Konzerten im Foyer ein.
Ziel sei, mittags für 40 bis 50 Minuten ein bunt gemischtes Publikum von Tourist*innen, Geschäftsleuten, Jungen und Alten zu versammeln. Das Repertoire reicht von Kammermusik bis zu Schlagzeug-Duos, von Tschaikowsky bis Tango.
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