Adventskalender (7): Der unbekannte Bus
Der Plusbus des Landkreises Oder-Spree wirbt mit Pünktlichkeit und regelmäßigem Verkehr.
Es gibt sie noch, die nicht ganz so schlechten Dinge – auch wenn sie derzeit rar gesät sind. In diesem Advent zaubern wir jeden Tag etwas Meckerfreies aus unserem Kalender. Sei's kulinarisch oder klimatisch, mobil oder musikalisch. Oder, wie heute, mal aus Brandenburg.
Wenn es etwas zu meckern gäbe, wäre es die Auslastung. Wer mit dem neuen PlusBus im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree fährt, ist mitunter der einzige Fahrgast.
Doch selbst die geringe Auslastung macht den Landkreis nicht nervös. „Die neuen Angebote benötigen in der Regel eine Anlaufphase von zwei Jahren und müssen durch ein kontinuierliches Marketing beworben werden“, sagt Tim Jurrmann, zuständig für den öffentlichen Nahverkehr, der Lokalzeitung MOZ.
Von einer „hohen Taktdichte“ auf der neuen PlusBus-Linie 400 zwischen der Kreisstadt Beeskow und Eisenhüttenstadt an der polnischen Grenze spricht Jurrmann. Tatsächlich verkehren unter der Woche 16 Fahrtenpaare, Samstags sind es sieben und Sonntags fünf. Zuvor war der 400er nur an Schultagen gefahren. Zehn Fahrtenpaare waren unterwegs, sie waren nicht einmal mit den Fahrzeiten der Regionalzüge an den Bahnhöfen Eisenhüttenstadt, Grunow und Beeskow vertaktet.
Auch für den Verkehrsverbund Berlin Brandenburg VBB ist der PlusBus ein Erfolgsmodell. „Busse im Stundentakt, direkte Anschlüsse zur Bahn und regelmäßige Fahrten am Wochenende“, wirbt der VBB auf seiner Seite. In 12 der 14 Landkreise seien bereits 40 Linien am Netz. Das Plus beim PlusBus steht neben dem dichteren Takt unter der Woche auch für einen regelmäßigen Verkehr an den Wochenenden. Nicht mehr nur Schülerinnen und Schüler sollen also transportiert werden, sondern auch Pendler und Touristen – ein „bedeutender Beitrag zur Verkehrswende“, sagt Landrat Frank Steffen (SPD).
Nichts zu meckern also? Von wegen. In einer Verkehrsbefragung konnten die Brandenburgerinnen und Brandenburger zuletzt Schulnoten in Sachen Sauberkeit, aber auch Fahrzeiten bei den Öffis vergeben. Im Amt Schlaubetal, in dem nicht nur der neue PlusBus verkehrt, sondern die RB 36 zu jeder Stunde, wurde die Erreichbarkeit mit 3,9 bewertet.
Vielleicht sollte der Landkreis in der „Anlaufphase“ von zwei Jahren mal die Fahrpläne von PlusBus und Regionalzügen per Postwurfsendung in alle Briefkästen stecken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe