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Adresse: Lloydtunnel

■ Der Traum vom eigenen Zelt

Seit Oktober wohnen die beiden Männer in der hintersten Ecke des Lloydtunnels, mit Blick auf grüne Büsche: Zwei Matrazen markieren die Wohnung; eine umgedrehte Bananenkiste mit Deckchen, Blumenstrauß und brennender Kerze sorgt für Heimeligkeit.

Ralli und Willi, beide Mitte/ Ende dreißig, stammen aus Bremen und sind schon seit einigen Jahren obdachlos. Der eine ist drogenabhängig, der andere hat nach einem Haftaufenthalt nur schwer wieder Fuß gefaßt.

Vielleicht sind Ralli und Willi jetzt schon nicht mehr im Tunnel. Die beste Platte Bremens hat nämlich auch erhebliche Nachteile: Es zieht, von der Decke rieselt fettiger Ruß, wenn ein Zug drüberfährt, und nachts kommt man kaum zur Ruhe.

Ralli und Willi haben sich also ein Zelt gekauft: mit zwei Fenstern und Doppeldach. Neben Thermoskanne, Matratzen und Radiowecker der größte Schatz. Damit irgendwo in Bremen an einen See — und morgens gleich schwimmen, schwärmen die beiden. Das wäre fast so was wie eine Wohnung, guckte auch nicht jeder dauernd zu. Bräuchten sie nur noch Tisch und Stühle zum Aufklappen.

Aber auch das Zelt würde ihnen nicht als Wohnsitz anerkannt. Also wär's noch immer nichts mit Arbeit für den Dachdecker Ralli und den Eisenbahner Willi. Darauf darf man Ralli gar nicht ansprechen, dann wird er augenblicklich ganz trüb und beschimpft Willi, weil der so viel alberne Faxen macht. Schaut auf seine Schuhe, beim einen klafft die Sohle weg.

cis

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