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Adoptionsrecht für HomosexuelleChristdemokraten stellen sich quer

Als einzige Partei im Bundestag lehnt die Union ein Adoptionsrecht für Homosexuelle ab. Doch durch ihre diskriminierende Haltung verstrickt sie sich in Widersprüche.

Der Union fällt der Abschied vom alten Familienbild schwer. Bild: math1as / photocase.com

Die Gleichstellung von Homosexuellen in Deutschland ist weit vorangeschritten - aber neben dem Steuerrecht sind schwule und lesbische Paare, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, nach wie vor beim Adoptionsrechts nicht mit heterosexuellen Ehepaaren gleichgestellt.

Die Einzelkind- und Stiefkindadoption eines leiblichen Kindes ist in der Bundesrepublik auch Lesben und Schwulen erlaubt. Ein gemeinsames Adoptionsrecht haben Homopaare hier jedoch nicht - im Gegensatz etwa zu Spanien, Schweden oder den Niederlanden.

Neben SPD, Grünen und Linken fordert auch die FDP eine Gleichstellung. "Ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht dient dem Kindeswohl, statt ihm zu schaden", sagt FDP-Bundestagsabgeordneter Michael Kauch. Das Problem sei die Union. "Mit ihr brauchen wir nicht verhandeln, dort stößt man auf absolute Ablehnung." Während es bei der Gleichstellung im Steuerrecht Annäherungen gebe, sei das Adoptionsrecht eine der letzten konservativen Bastionen.

"Es gibt schon jetzt zu viele Paare, die Kinder adoptieren wollen. Ich sehe daher keine Notwendigkeit, das Adoptionsrecht für Homosexuelle zu öffnen", sagt Dorothee Bär, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Es gehe um das Wohl des Kindes - nicht um den Willen der Erwachsenen. "Kinder mit zwei schwulen Vätern könnten unter anderen Kindern leiden", sagt Bär.

Adoption ist eigentlich vorteilhaft

Diese befürchtete Diskriminierung findet jedoch kaum statt. Auch, dass das Kindeswohl durch homosexuelle Eltern gefährdet sei, ist widerlegt. In einem Bericht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aus dem Jahr 2010 heißt es, dass der Gesetzgeber mit dieser Argumentation in einen Widerspruch gerät, da er sowohl die Adoption eines fremden Kindes durch einen Lebenspartner zulässt als auch die Stiefkindadoption.

Eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung könne also nicht mit Bezug auf das Kindeswohl begründet werden. Auch eine repräsentative Studie zu Regenbogenfamilien im Auftrag des Bundesjustizministeriums von 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass "Nachteile für das Kindeswohl nicht zu erwarten sind, sondern die gemeinschaftliche Adoption für das Kindeswohl tatsächlich vorteilhaft ist."

Zum gemeinsamen Adoptionsrecht laufen derzeit Verfassungsklagen. Im Frühjahr wird mit einer Entscheidung gerechnet. "Auch wenn die positiv ausfällt, bleiben noch immer manche Mitarbeiter in Jugendämtern, die Vorbehalte gegenüber homosexuellen Eltern haben", sagt Manfred Bruns vom Lesben- und Schwulenverband.

Anders sehe das bei Pflegekindern aus, denn Pflegefamilien gebe es zu wenig. "Die Kommunen sparen Geld, wenn sie ein Kind aus dem Heim in eine Pflegefamilie geben", sagt Bruns. Da spiele es oft keine Rolle, ob zu Heteros oder Homos. "Beim Geld werden die Vorbehalte eben abgelegt."

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7 Kommentare

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  • M
    MFiorino

    Zur der im Artikel erwähnten Studie (im Auftrag des BMJ, durgeführt vom Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg, Link:

    http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Forschungsbericht_Die_Lebenssituation_von_Kindern_in_gleichgeschlechtlichen_Lebenspartnerschaften.pdf?__blob=publicationFile ) möchte ich folgendes kommentieren: Diese Studie beruht massgeblich einerseits auf den elterlichen Einschätzungen über die Lebensituation und Entwicklung der eigenen Kinder und anderseits, für den Kinderpsychologischen Teil der Studie, auf eine telefonische (!) Befragung von teils minderjährigen Kindern (ab 10-jährig) zu ihren Befindlichkeiten und ihrer Beziehungssituation. Man darf daher die Zuverlässigkeit dieses Datenmaterials anzweifeln. 2/3 dieser Kinder hatten Kontakt zum getrennt lebenden leiblichen Elternteil - deswegen sollte man der Studie hinsichtlich der Fremdkindadoption keine hohe Aussagekraft zuschreiben. Unter Fachleuten ist es sehr wohl strittig ob sich Kinder entsprechend ihrem persönlichen Potenzial gut entwickeln, wenn sie von Geburt an von zwei Vätern ohne Mutter oder von zwei Müttern ohne Vater grossgezogen werden - diesbezüglich widersprechen sich anerkannte Fachleute diametral. (z.b Prof. Nock/Prof. Hawkins/Dr. Strohschein vs. Prof. Stacey/Dr. Biblarz usw. oder in Bezug auf obige Studie könnte man Prof. Gerhard Amendt vs. Dr. Marina Rupp erwähnen) Insbesondere liegt nicht ausreichend Datenmaterial vor über die Entwicklung von Kindern, die von Geburt an mit zwei Vätern ohne Mutter aufwachsen. Ähnlich wie es bei anderen Studien zu diesem Thema der Fall ist, lebten >90% der für den kinderpsychologischen Teil der genannten Studie untersuchten Kinder mit zwei Müttern zusammen.

  • P
    Politikerhasserin

    Die Demokratie in Deutschland ist echt nicht mehr Gesund. Wir haben eine Mehrheit im Bundestag, wie Kilian schreibt, im Bundestag, aber der Antrag der Linken zur Öffnung der Ehe für Homosexuelle Liebende wurde von der SPD(!) verhindert, weil sie dagegen stimmte. Das war reine Parteischacherei. Dieser SPD geht es nicht um Inhalt sondern um Macht. Die Linke wird mit allen Mitteln, auch mit der Verhinderung von Bürgerrechten von Homosexuellen, bekämpft.

     

    Eine Gesellschaftliche Mehrheit und eine parlamentarische Mehrheit (theoretisch) ist für die Öffnung der Ehe von Homosexuellen (Woraufhin die Benachteiligung in Steuer und Adoption automatisch wegfallen würde), aber es kommst nicht dazu, wegen den Sozialdemokraten. Die Christdemokraten kann man eh abschreiben. Deren Nächstenliebe geht nur bis zur eigenen Haustür.

  • D
    DiversityAndEquality

    Wer sorgt denn mit ganzer Kraft dafür, dass Schwule und Lesben auch weiterhin kräftig diskriminiert werden?

     

    Da stehen doch die "christlichen Demokraten" wie immer an vorderster Front.

     

    Wenn es darum geht, homosexuellen Lebensgemeinschaften weiterhin uneingeschränkt gleiche Rechte zu verwehren, einschließlich des Rechts auf Familie.

     

    Wenn es darum geht, homosexuelle Jugendliche in Schulen aktiv vor Mobbing und Diskriminierung zu schützen, anstatt Homosexualität weiterhin gezielt aus den Lehr- und Bildungsplänen auszugrenzen und noch nicht einmal eine bundesweite Studie zu deren Lebenssituation in Auftrag geben zu wollen.

     

    Der Verweis auf ein durch mehrere Erhebungen bestätigtes, deutlich höheres Suizidrisiko junger Schwuler und junger Lesben in Folge von Diskriminierung und Ausgrenzung wurde da von Schwarz-Gelb im Bundestag mehrfach mit "kein Handlungsbedarf" beantwortet.

     

    Und wer gewährt Kirchen weiterhin Sonderrechte der Diskriminierung und erlaubt sich den Luxus, keine Gesetze gegen Hassverbrechen und Hassrede zu erlassen?

     

    Wer unternimmt nichts gegen dümmlichste Geschlechterstereotype und Sexismus in den Medien, die auch Homophobie fördern, obwohl letztere spätestens seit der Ratifizierung der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau, die in wesentlichn Punkten auch für Deutschland Verfassungsrang hat, unterbunden und geahndet werden müsste?

     

    Also, wer sorgt hier für die Diskriminierung gerade auch von Kindern in Regenbogenfamilien, um dann in perversester Manier die selbst aktiv geförderte Diskriminierung wieder ins Feld zu führen, um weiter diskriminieren zu können.

     

    Schluss jetzt mit dieser widerlichen sexuellen Apartheid, die auch endlich als solche beim Namen zu nennen ist!

  • S
    Susanne

    "Es gibt schon jetzt zu viele Paare, die Kinder adoptieren wollen. Ich sehe daher keine Notwendigkeit, das Adoptionsrecht für Homosexuelle zu öffnen"

     

    Was für ne Begründung.

    Es gibt ja sowieso schon genug, da müssen wir ja keine Gleichberechtigung schaffen.

    Und alles nur zum Wohl der Kinder.

    Is klar.

     

    Und immer wieder stellt sich mir die Frage:

    Warum sind Menschen so borniert?

  • S
    Stefan45

    Immer noch diskriminiert die CDU/CSU im Adoptionsrecht sowie im Einkommenssteuerrecht verpartnerte homosexuelle Paare. Aber lange dürfte dieser Zustand nicht mehr aufrechtzuerhalten bleiben.

     

    Zu beiden Themenbereichen laufen derzeit am Bundesverfasssungericht Klagen, die nächstes Jahr entschieden werden dürften. Andere Staaten, wie Norwegen, Island, Schweden, Spanien, Portugal, Niederlande oder Belgien sind da längst viel weiter und haben die Ehe komplett geöffnet.

     

    Also wird im kommenden Jahr das Bundesverfassungsgericht urteilen und die diskriminierende Haltung der CDU/CSU im Adoptionsrecht und im Einkommenssteuerrecht für verpartnerte homosexuelle Paare beenden.

     

    Schon erschreckend, wie die CDU/CSU hier verpartnerte homosexuelle Paare im Jahre 2011 diskriminiert.

     

    Und gut das zumindest alle anderen Parteien wie Linkspartei, Piraten, Grüne, SPD und FDP klar und einstimmig die Gleichstellung verpartnerter Paare fordern. Die Diskriminierung im Adoptionsrecht und in der Einkommenssteuer gehört beendet.

  • P
    PeterPan

    Kinder von gleichgeschlechtlichen Paaren leiden vor allen Dingen unter dem engstirnigen, verlogenen und bigotten Gesellschaftsklimna, für das Leute wie Frau Bär verantwortlich sind!!!

  • K
    Kilian

    So weit ich mich erinnere haben Linkspartei, SPD, Grüne und FDP eine Mehrheit im Deutschen Bundestag, wo ist also das Problem?

     

    Das trotz dieser Mehrheit nichts passiert, sondern die FDP nichts ohne Union machen kann oder wo auch sonst das Problem sein sollte zeigt wie tief unsere Demokratie gesunken ist... und auch wo die Piratenpartei als Korrektiv ins Spiel kommt. Auch an stellen die nichts mit Internet zu tun haben.