Ade Gesamtschulen: Bildungssenator ohne Bildung
Der neue Senat hat nie verheimlicht, das ihm Gesamtschulen nicht genehm sind. Irgendwie suspekt, dass der Später-mal-Rechtsanwalt und der Später-mal-Klempner in einer Klasse sitzen. Dass in der Gesamtschule gefördert wird, ist Gleichmacherei, und das ein schlimmes Schimpfwort. Dabei spricht vieles für die Schulform: PISA zeigt, dass die Schule für alle erfolgreicher ist als frühe Selektion.
Kommentarvon SANDRA WILSDORF
Etwa die Hälfte der Gesamtschüler, die ihr Abitur machen, hatten keine Empfehlung für das Gymnasium. In dem früh sortierenden System von Haupt-, Realschule und Gymnasium hätten sie ihr Abi wahrscheinlich nie gemacht. Gesamtschulen sparen jedes Jahr 150 Stellen, weil ihre Schüler nicht sitzenbleiben können. Wer die Gesamtschule abschließt, ist im Schnitt ein halbes Jahr jünger als die Absolventen des dreigliedrigen Systems.
Doch Fakten zählen nicht bei einem Senator, der in hartnäckiger Selbstgerechtigkeit nur glaubt, was er glauben will. Und deshalb seinen Beamten die Schuld an Fakten und Zahlen gibt, die ihm nicht gefallen. Ein Bildungssenator, der sich nicht bildet, ist ja schon schlimm. Noch schlimmer ist, dass er dazu nicht einmal steht.
Hinterrücks verhängt er das Todesurteil über eine Schulform. Doch statt vor die 30 Prozent der Eltern zu treten, die für ihr Kind eine Gesamtschule ausgesucht haben, und ihnen zu erklären, warum er sie und ihre Wahl nicht ernst nimmt, lässt er die Schulleitungen ihre Schulen exekutieren. Im Militärjargon nennt man das Feigheit vor dem Feind – dem selbst ernannten.
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