Adam contra Lucke: Zoff in der AfD-Spitze
Gegenseitige Vorwürfe, Distanzierungen und Spekulationen: Die AfD-Führung geht verbal aufeinander los. Möglicherweise steht die Partei vor der Spaltung.
BERLIN dpa | Gut zwei Jahre nach ihrer Gründung steuert die Alternative für Deutschland (AfD) möglicherweise auf eine Spaltung zu. Bundesvorstandsmitglied Konrad Adam sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagabend, er habe Indizien dafür, dass Parteichef Bernd Lucke seinen Austritt aus der AfD und die Gründung einer eigenen Partei vorbereite. Lucke ließ über Parteisprecher Christian Lüth lediglich erklären, er kommentiere keine Gerüchte.
Lucke hält einen Bruch zwischen den radikalen und den bürgerlichen Kräften seiner Partei aber offenbar für unausweichlich. „Ich glaube nicht, dass Appelle zur Geschlossenheit hier weiterhelfen. Die Grundvorstellungen dieser beiden Gruppen sind unvereinbar“, schrieb Lucke in einer E-Mail, die am Montag an alle Mitglieder der Alternative für Deutschland ging.
Antikapitalistische, deutschnationale, antiislamische und zuwanderungsfeindliche Kräfte hätten dem Ansehen der AfD zuletzt stark geschadet, schrieb Lucke. Ein seriöses Image sei aber nicht nur wichtig für Parteimitglieder, die mitten im Beruf stünden und in ihrem Freundeskreis nicht schief angesehen werden wollten. Die Entwicklung sei auch ein Grund dafür, dass sich einige potenzielle AfD-Wähler in Hamburg und Bremen wieder der FDP zugewandt hätten.
Dem Vernehmen nach soll Lucke bereits mit Vertrauten Pläne für die Gründung einer neuen Partei schmieden. Diese wolle er noch in diesem Monat öffentlich verkünden, falls sich abzeichnen sollte, dass beim Bundesparteitag in Kassel Mitte Juni auch einige seiner Widersacher in den Vorstand gewählt werden. Zuletzt hatte es heftige Auseinandersetzungen zwischen dem nationalkonservativen und dem bürgerlich-liberalen Flügel der Partei gegeben, zu dem Lucke gehört.
Gegenseitige Rücktrittsforderungen
In der Welt (Online) forderte Adam Lucke auf, bei allen Verdiensten um den Aufbau der AfD zu sagen, ob er „auch derjenige sein möchte, der die Zerstörung der Partei anführt“. Zugleich distanzierte sich Adam von Lucke: „Wenn die AfD sich zu einer Partei entwickelt, die aus Brüssel geführt und von Berlin aus privat finanziert wird, ist sie nicht mehr meine Partei.“
Der AfD-Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel vom liberalen Flügel, der in dem Streit bereits sein Stellvertreteramt niedergelgt hatte, forderte seinerseits Adam zum Rücktritt auf: „Erst fordert er meinen Rücktritt, jetzt sagt er Luckes Rücktritt voraus? Der ist völlig von der Rolle“, sagte Henkel dem Handelsblatt (Online). „Er soll selbst gehen und zwei weitere aus dem Vorstand gleich mitnehmen“, fügte Henkel mit Blick auf Co-Parteichefin Frauke Petry und Parteivize Alexander Gauland hinzu.
Abrechunung mit rechtem Parteiflügel
Beide gehören zum nationalkonservativen Flügel und zu Luckes Kritikern. Gauland hatte Lucke mehrfach vorgeworfen, er fokussiere sich stark auf den bürgerlichen Mittelstand, obwohl die AfD unter den „kleinen Leuten“ ein größeres Wählerpotenzial habe.
Spiegel Online berichtete am Sonntagabend unter Berufung auf Luckes Unterstützerkreis, der Parteichef plane einen letzten Generalangriff auf seine Rivalen im Vorstand, vor allem auf seine Co-Sprecherin Frauke Petry und den NRW-Parteichef Marcus Pretzell. Bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit Hans-Olaf Henkel wolle Lucke voraussichtlich am 18. Mai mit dem rechten Flügel in der AfD abrechnen.
Henkel bestätigte die Pläne dem Bericht zufolge indirekt. „Die AfD-Basis muss erfahren, was da an der Spitze gespielt wird, wie einige wenige Funktionsträger dieser Partei mit ihrem Rechtskurs empfindlich schaden“, sagte er demnach dem Spiegel. Denn die „überwältigende Mehrheit“ der Mitglieder sei gerade nicht den Rechten zuzurechnen. Sie unterschätzten nur die rechte Gefahr.
Die AfD war Anfang 2013 von Gegnern der Eurorettungspolitik der Bundesregierung gegründet worden. Später war die Kritik an der aktuellen Asylgesetzgebung als weiteres wichtiges Thema hinzugekommen.
Leser*innenkommentare
Spider J.
"obwohl die AfD unter den „kleinen Leuten“ ein größeres Wählerpotenzial habe" - Hier zeigt sich doch das Politikverständnis der AFD. Erst mal Stimmvieh einsammeln und dann "Inhalte" drumherum konstruieren. Nein danke. Diese Partei braucht man genauso wenig wie die FDP, die sich ja mit dem gleichen Konzept schon erfolgreich selbst versenkt hat. Tschüß AFD!