Actionkino "Real Steel": Die Schattenboxer
Shawn Levys Film "Real Steel" therapiert Vater und Sohn mit einem Kampfroboter. Die Filmtrickspezialisten haben sich dabei wirklich viel Mühe gegeben.
Dies ist ein Film, in dem ein Vater und ein Sohn eine neue Beziehung zueinander finden, indem sie einen tonnenschweren Boxroboter steuern. Das ist eine teils rührselige, teils auch durchgeknallte Konstellation, bei der sich die Filmemacher ziemlich anstrengen müssen, damit das nicht alles total furchtbar wird. Aber na ja, genau das haben sie dann eben auch getan.
Hugh Jackman spielt den Vater, cool, aber auch pleite, berstend vor Muskeln, aber auch mit der empfindlichen Stelle einer traumatischen Niederlage während seiner eigenen Boxkarriere in der Seele. Der kindliche Schauspieler Dakota Goyo sieht als Sohn überzeugend süß aus. Wichtiger für das Gelingen des Films ist aber der Roboter - und bei dem haben sich Regisseur Shawn Levy und seine Filmtrickspezialisten unendlich viel Mühe gegeben.
Atom, so heißt dieser Roboter, hat blaue, leuchtende Augen, lange, schlaksige Arme und sieht manchmal Wall-E-mäßig niedlich aus. So kann er für den Sohn wie eine Puppe oder ein Teddy sein - ein Objekt, das die Gefühle des Kindes stellvertretend ausagieren kann. Aus der Kinderpädagogik ist bekannt, dass es oft leichter ist, Gefühle über Puppen auszudrücken. Das nutzt dieser Film weidlich aus.
Tröster und Fighter zugleich
Der Sohn kann sich von diesem Roboter retten lassen (und ihn in dieser Szene zugleich vom Schrottplatz erlösen), er kann zu ihm halten, kann sich von ihm trösten lassen und die Fantasien entwickelt, mit ihm riesige Gegner, die Angst einflößen, zu besiegen. Das alles macht das solide infantile Grundgerüst in der Emotionskonstruktion dieses Films aus.
Auf der anderen Seite muss dieser Roboter aber auch wie ein Fighter wirken, eine überzeugende Kampfmaschine. Denn die Handlung des Films ist in einer nahen Zukunft angesiedelt, menschliche Boxkämpfe sind abgeschafft, an ihrer Stelle hauen riesige Roboter aufeinander ein, und zwar in Kämpfen, die nicht von Pappe sind. Atom muss sich gegen furchterregende Kolosse durchsetzen, deren schlimmster von einem halben Dutzend japanischer Computerspezialisten gesteuert wird.
Das Trauma wegboxen
Auch da bietet in "Real Steel" die Traummaschine Hollywood all ihre Kunst auf. Computeranimation ist hier überall und zugleich unsichtbar gemacht. Vor allem aber: Die Kämpfe sind sorgfältig choreografiert. Boxlegende Sugar Ray Leonard fungierte als Berater sowie als Vorbild für die Bewegungen des leichtgewichtigen, doch zähen Atom, der seine schwereren Gegner mit Geschwindigkeit und Technik ausmanövriert - beseelt vom Sohn, gesteuert vom Vater.
So kommen die beiden über ein gemeinsames Projekt, den unheldisch-heldischen Stellvertreter Atom, zueinander. Der Sohn wird emotional versorgt, der Vater emotional gerettet. Während er seine Kampfroboter am Anfang nur benutzte, um mit ihnen Geld zu machen - Ergebnis: Sie werden alle zu Schrott gekloppt -, lernt er durch Atom, sorgende Gefühle zu entwickeln.
Das klingt nach Familientherapie und sieht teilweise auch so aus. Aber diese Dramaturgie ermöglicht eben auch viel: Zwischendurch ertappt man sich als Zuschauer immer mal wieder, wie man bei den computergenerierten Kämpfen zwischen Stahlkolossen schlicht mitfiebert.
In zwei zentralen Szenen verschmelzen Vater und Sohn mit ihrem Stellvertreter-Roboter. Der Sohn, indem er vor den Kämpfen Tanzmoves aufführt, die der Roboter exakt gleich ausführt - Shadow-Modus heißt diese Art, ihn zu steuern. Und der Vater, indem er im entscheidenden Kampf dem Roboter die Boxbewegungen vormacht, die er ausführen muss.
Klar, dass er in dieser Szene auch sein Trauma ablegt. Und so lernt man in diesem Film: Väter retten ist super! Die ödipalen Konflikte kommen schon noch früh genug. Wohl dem, der einen freundlichen Kampfroboter als treuen Schatten hat!
Von Shawn Levy. Mit Hugh Jackman, Dakato Goyo, Evangelina Lilly u. a., USA 2010, 126 Min.
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