piwik no script img

berliner szenenAch so, die Wassertanks im Ostsektor

Familiär hat sich bei uns herauskristallisiert, dass wir lieber zu Aldi gehen. Mein kleinerer Sohn erzählte neulich, er wär’ bei Lidl gewesen, da hätt’s eine Tüte Nachos im Angebot gegeben, für 1,35 Euro, aber es wäre unglaublich voll gewesen, deswegen wär’ er zu Aldi rübergegangen und da wär’s total leer gewesen, drei Leute im ganzen Laden, und da hätt’s Nachos für einen Euro gegeben, regulär, nicht im Angebot. Klarer Fall. Dann hockt das Kind abends in seinem Zimmer vorm Rechner und mampft dieses überwürzte Kräckerzeug in sich rein. Kriegt er nicht genug zu essen bei mir? Immerhin ist es mir gelungen, ihm den Glibberschleim, also den Dip dazu, madig zu machen, er experimentiert jetzt mit Honig.

Ich gehe, auch weil’s da leerer ist, lieber zu Aldi und weil da eher die freundlichen Verrückten reinkommen, die, bei denen zwar was nicht stimmt im Oberstübchen, die aber in Frieden mit der Welt leben wollen und das Gedränge und die Ansteherei an der Kasse scheuen.

Der gestrige war ungefähr Mitte 30. Er war verbotenerweise ohne Einkaufswagen unterwegs und hatte es wahnsinnig eilig. Als in der Kassenschlange nur noch ein Blindfisch mit Kopfhörer und Smartphone vor ihm war, stieg die Stimmung. Ob wir etwa nicht wüssten, dass die Russen im Ostsektor die Wassertanks umprogrammiert hätten und wir bald eine Dürre bekämen. Deswegen bräuchte er dringend die zwei großen Flaschen Limo, die sein einziger Einkauf waren. Er bestritt ihn mit kleinem Münzgeld und einem Pfandbon. Das würde noch ein Riesenchaos werden, er wisse Bescheid, wir sollten auf ihn hören und jetzt müsse er sofort weiter, denn da würd’s richtig brennen. Gab Trinkgeld und war weg.

Kassiererin: Die warten wahrscheinlich schon auf ihn am Zentralcomputer.“

Kundin: „Alles Tarnung.“

Katrin Schings

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen