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Abwahl von Kaliforniens GouverneurGavin Newsom bangt um seinen Job

Kalifornien steht vor Neuwahlen. Bei einer Petition zur Abberufung des demokratischen Gouverneurs kamen mehr als 1,5 Millionen Stimmen zusammen.

Wackelt – der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom Foto: Mandel Ngan/reuters

Berlin taz | Dass es in Kalifornien Unterschriftensammlungen zur Abwahl des gerade regierenden Gouverneurs gibt, ist völlig normal. Nur erreichen sie normalerweise nicht die 1,5 Millionen Unterschriften, die nötig sind, um eine Abwahlabstimmung zu erzwingen. Genau das aber widerfährt jetzt dem demokratischen Amtsinhaber Gavin Newsom – sogar 150.000 Stimmen mehr als nötig haben die konservativen republikanischen In­itia­to­r*in­nen zusammenbekommen, um Newsom loszuwerden.

Noch stehen verschiedene Formalien aus, die tatsächliche Abstimmung dürfte erst im November oder Dezember stattfinden – also weniger als ein Jahr, bevor der 53-jährige Newsom sich 2022 ohnehin der Wiederwahl stellen müsste.

Und dass Newsom tatsächlich das Schicksal seines Parteikollegen Gray Davis teilen würde, der 2003 abgewählt und durch Arnold Schwarzenegger ersetzt wurde, ist eher unwahrscheinlich.

Dennoch: Dass Newsom überhaupt in dieser Lage ist, hat er sich selbst zuzuschreiben. 2018 mit dem besten Wahlergebnis eines kalifornischen Gouverneurskandidaten in den letzten 70 Jahren gewählt, war es vor allem ein Vorfall, der den Ex-Bürgermeister von San Francisco zum Abschuss freigab: Newsom machte sich in der Coronapandemie einen Namen als Verfechter restriktiver Maßnahmen – und wurde dann erwischt, wie er den Geburtstag eines Lobbyisten feierte; drinnen, mit vielen anderen und ohne Maske. Bang! Eine Dummheit nahezu historischer Dimension.

Niedrige Neuinfektionsraten

Denn eigentlich hatte der progressive Newsom, Verfechter einer liberalen Einwanderungspolitik, der Marihuana-Legalisierung, der LGBTQ*-Rechte und schärferer Schusswaffengesetze, noch dazu ein Gegner der Todesstrafe, auch in der Coronapolitik durchaus Erfolg: Heute hat Kalifornien eine der niedrigsten Neuinfektionsraten in den USA, fast die Hälfte der Bevölkerung ist schon mindestens ein Mal geimpft, die Wirtschaft wird gerade wieder hochgefahren, und wenn alles im Sinne des Gouverneurs läuft, ist zum Zeitpunkt der Abstimmung das Leben normalisiert und die Wirtschaft in der großen Erholungsphase. Dass laut Medienberichten bis zu 30 Milliarden US-Dollar Coronahilfen in Kalifornien in dunklen Kanälen verschwunden sein sollen, könnte bis dahin vergessen sein.

Für Kaliforniens Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen ist das Einsammeln der Unterschriften in dem immer stärker demokratisch-liberal dominierten bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA bereits ein großer Erfolg, der ihnen schon ein Jahr vor der eigentlichen Gouverneurswahl eine große Bühne bietet, die auch nationale Beachtung finden wird. Allein die Unterschriftensammlung erhielt die volle Unterstützung des Republican National Comittee.

Bei der Abstimmung später im Jahr werden zwei Fragen auf dem Stimmzettel stehen: Soll der Gouverneur abgewählt werden? Und wenn ja: Wer soll ihn ersetzen? Da steht derzeit Caitlyn Jenner ganz gut da, eine prominente republikanische Transgender-Aktivistin. Aber so weit ist es noch nicht.

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1 Kommentar

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  • die aufregung darüber dass der gouverneur von kalifornien sich selbst nicht an die regeln zur eindämmung der corona-virus-pandemie gehalten hat zu deren beachtung er öffentlich aufrief wird nicht von dauer sein doppelte standards sind bei politiker*innen und nicht nur bei ihnen normal



    irgendwie fällt mir da gerade Voltaire ein der öffentlich ein scharfer kritiker der skaverei war-aber privat sein geld -wie das damals viele taten durch die ausbeutung von sklav*innenarbeit mehrte



    man kann das heuchelei nennen aber ohne solche heuchler wie ihn hätte die sklaverei noch länger gedauert

    1)es ist nicht sehr wahrscheinlich dass der recall erfolg haben wird .erstens spricht die statistik der zufolge ein recall meist keinen erfolg hat dagegen zweitens die bilanz der politik des amtsinhabers gegen dessen abwahl und drittens hat die republikanische partei bei der kür der gegenkanditat*in einen fehler gemacht

    es steht der verdacht im raum dass diese mit ihrem SUV -der an einen tödlichen verkehrsunfall beteiligt war zu schnell gefahren sei:







    www.dailymail.co.u...-Malibu-crash.html

    2)wie würde sich das urdemokratische instrument des recall auswirken wenn es in der brd beispielsweise auf der ebene der bundesländer eingeführt würde?.



    was allerdings die direktwahl der ministerpräsident*innen voraussetzen würde

    könnte der doppelte (deutsche und europäische )exekutivföderalismus -der die parlamente mehr und mehr entmachtet hat ,intransparenz schafft verantwortung verwischt ,lobbyismus und korruption begünstigt die macht in hierarchischen parteiapparaten und bürokratien konzentriert und politikwechsel erschwert dadurch aufgebrochen und destabilisiert oder sogar überwunden werden?

    das ist zumindest eine nicht uninteressante überlegung

    das prinzip dass die wähler*innen den gewählten jederzeit das vertrauen entziehen können ist jedenfalls urdemokratisch-