Abu-Ghraib-Prozess: Formfehler verhindert hohe Strafe
Im Prozess wegen Misshandlungen im Abu-Ghraib-Gefängnis im Irak muss der einzige angeklagte US-Offizier nur noch mit kürzerer Haft rechnen. Grund ist eine Panne.
FORT MEADE taz/ap Rund drei Jahre nach dem Bekanntwerden von Misshandlungen im Gefängnis Abu Ghraib im Irak hat der Prozess gegen den einzigen angeklagten US-Offizier begonnen. Das Militärgericht ließ am Montag zwei der schwersten Anklagepunkte wegen eines Formfehlers fallen. Damit drohen dem früheren Direktor der Verhörabteilung des Gefängnisses bei Bagdad, Oberstleutnant Steven Jordan, statt mehr als 16 Jahre Haft lediglich noch achteinhalb Jahre.
Der Oberstleutnant soll den Einsatz von Hunden und das vollständige Entkleiden von Gefangenen zu deren Erniedrigung gebilligt haben. Elf US-Soldaten sind bereits verurteilt worden, die höchste Strafe erhielt der Gefreite Charles Graner mit zehn Jahren Haft. Die 2004 bekannt gewordenen Fotos von Demütigungen der Gefangenen hatten weltweit für Empörung gesorgt. Auf den Bildern ist unter anderem Garners damalige Freundin Lynndie England zu sehen, wie sie lächelnd auf die Genitalien eines Häftlings zeigt und einen Gefangenen an einer Hundeleine führt.
Generalmajor George Fay kam bei seinen Ermittlungen zu dem Schluss, dass Jordan im November 2003 die Anwendung von Gewalt bei einer Suche nach versteckten Waffen in Abu Ghraib stillschweigend geduldet und damit die Voraussetzungen für die anschließende Misshandlung von Gefangenen geschaffen habe. Jordan hat sich in sechs Punkten der Anklage für unschuldig erklärt.
Zwei der sechs Anklagepunkte ließ das Gericht in Fort Meade im US-Staat Maryland am Montag fallen, nachdem der Ermittler Fay entgegen einer früheren Aussage eingeräumt hatte, Jordan bei der Vernehmung nicht auf seine Rechte hingewiesen zu haben. Er habe sich bei einer Anhörung am 12. März versprochen, erklärte Fay jetzt. Damals hatte er unter Eid gesagt, er habe Jordan auf seine Rechte hingewiesen. Bei den fallengelassenen Anklagepunkten handelt es sich um den Vorwurf gegen Jordan, die Ermittler belogen zu haben sowie um Behinderung der Justiz. Allein dafür hätten ihm im Höchstfall acht Jahre Haft gedroht.
Bei einer Anhörung im Oktober argumentierte Jordans Anwalt, dass der Offizier sich vor allem um bessere Lebensbedingungen für die US-Soldaten gekümmert habe. Für die Verhörbedingungen seien zwei andere Offiziere verantwortlich gewesen.
Kurt Goering von Amnesty International in den USA äußerte die Hoffnung, dass der Prozess ein Schlaglicht darauf werfen könnte, dass die mit Folter gleichzusetzenden Verhörmethoden von höchster Stelle gebilligt worden seien. Es gebe Hinweise darauf, dass auch Präsident George W. Bush und der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Bescheid gewusst hätten.
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