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Abtreibungsreform in Belgien

SozialistInnen, Grüne und Liberale stimmten für die längst überfällige Änderung des Gesetzes aus dem 19. Jahrhundert / Große Schlappe für die Christdemokraten / Regierungskrise blieb aus  ■  Aus Brüssel Klaus Haas

102 von 182 SenatorInnen des belgischen Senats stimmten am Montag abend für eine Reform der Abtreibungsparagraphen aus dem vergangenen Jahrhundert, der den Schwangerschaftsabbruch generell verbot. Das neue Gesetz erlaubt die Abtreibung bis zur 12. Woche, wenn die Frau sich nach eigenem Ermessen in einer sozialen, physischen oder psychischen Notlage befindet, und nach der 12. Woche, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.

Im Senat wurden drei der fünf Regierungsparteien von einer Wechselmehrheit überstimmt. Mit den regierenden Sozialisten stimmten von der Oppositionsbank die Grünen und die meisten Liberalen. Christdemokraten und Volksunion, die anderen Koalitionspartner, stimmten gegen die Gesetzesreform und drohten damit, alle demokratischen Mittel einzusetzen, damit die Abtreibungsbefürworter eine Niederlage erleiden, wenn das Gesetz Anfang nächsten Jahres noch vom belgischen Parlament abgesegnet werden muß.

Schon vor der Senatsdebatte hatten die flämischen Christdemokraten die Möglichkeit einer Regierungskrise nicht ausgeschlossen, falls sie im Senat überstimmt werden sollten. Überstimmt wurden sie am Montag, gefallen ist die Regierung trotzdem nicht. Wahrscheinlich stellt sich die Drohung, bei einer wiederholten Niederlage in der Kammer die Regierung hochgehen zu lassen, auch im Januar wieder als Bluff heraus. Historisch ist der Abstimmungssieg der BefürworterInnen einer Liberalisierung der Abtreibung im Senat allemal, weil es fast zwei Jahrzehnte gedauert hat, ehe sich diese dringend notwendige Reform im belgischen Parlament durchsetzen konnte.

Aber vor allem ist es ein weiterer Beweis dafür, daß die Katholiken, die, wenn es um Ethik ging, bisher ihre Standpunkte dem Rest der Bevölkerung aufzwangen, nun von den nichtkonfessionellen Parteien überstimmt werden. Bisher fanden die sozialistische und die rechtsliberale Partei wegen ihrer verschiedenen wirtschaftspolitischen Vorstellungen nur selten zueinander. Diese Trennung erlaubte es den Christ demokratInnen, sich bei ethi schen Fragen in der Regel durchzu setzen.

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