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Absurder Vergleich?

■ betr.: „Grass: Autoren sollen sich äußern“ (Bubis gegen den Ver gleich von Grass mit der NS-Zeit), taz vom 27.10. 97

[...] Auch zu Beginn der Naziära stand nicht die Vernichtung der Juden und anderer Minderheiten auf dem Programm, sondern ein staatlich geförderter Rassismus, der in Ausgrenzung, dann in Ausweisung mündete. Erst zum Schluß dieser Barbarei stand die Vernichtung der Juden, „Zigeuner“ und anderer Minderheiten der deutschen und europäischen Gesellschaft.

Ist der Vergleich mit der Nazizeit wirklich so absurd, wenn wieder Deportationen gen Osten stattfinden, wenn an fahrplanmäßig verkehrende Züge geschlossene Kurswagen für „Schüblinge“ angehängt werden, wenn ganze „Flugzeugladungen“ per Charterflug nach Afrika, Asien und Südamerika geschafft werden, nach oft monatelanger Abschiebehaft?

Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung erinnert in seinen verbalen Entgleisungen oft fatal an die unmenschliche Sprache des Nationalsozialismus und wird von vielen Politikern aus sogenannten demokratischen Parteien unterstützt oder zumindest entschuldigt.

Viele Presseorgane und Fernsehmagazine führen oft und gerne bedrohliche Szenarien angstmachender Ausländerkriminalität vor, ohne zu differenzieren, ohne die Relationen zu beachten, ohne Erklärungen für die Situation vieler Flüchtlinge und Immigranten und ohne Beiträge zu Konfliktlösungen anzubieten. Auch das schürt die Stimmung und führt zu Ausgrenzungsphantasien.

Ich wünschte mir, Vergleiche mit der Nazizeit wären wirklich völlig absurd! Regine Neukum-Holzner,

Frankfurt

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