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Absurde Prozesse

Dany-Cohn Bendit zum RAF-Ausstiegsland DDR  ■  I N T E R V I E W

taz: Nach Susanne Albrecht wurde jetzt auch Inge Viett in der DDR verhaftet. Alles deutet bisher darauf hin, daß beide schon vor langer Zeit aus der RAF ausgestiegen sind. Was sagst Du als einer derjenigen, die den Ausstieg aus dem bewaffneten Kampf immer propagiert haben, zum Aussteigerland DDR?

Dany Cohn-Bendit: Wenn die bisherigen Informationen stimmen, daß sowohl Susanne Albrecht als auch Inge Viett vor langer Zeit ausgestiegen sind, die eine im Stahlwerk, die andere als Chemielaborantin arbeitete, sie Erdbeeren züchteten und Familien gründeten - dann finde ich, ist gegen den RAF -Ausstieg in die DDR nichts einzuwenden.

Müßtest Du nicht gegen die Auslieferung der beiden intervenieren?

Die Bundesrepublik muß sich genau überlegen, was solche Prozesse jetzt sollen. Wenn sie ausgestiegen sind, und dafür sprechen ja auch Informationen, die die Behörden der Bundesrepublik vorher schon aus dem Verfassungsschutz hatten, dann ist es absurd, ihnen jetzt einen Prozeß zu machen. Bundesrepublik und DDR haben andere Probleme, als vor so langer Zeit ausgestiegene RAF-Mitglieder prozessual zu verfolgen.

Wie siehst Du angesichts der zwischen den beiden Staaten ja abgestimmten Verhaftungen die Ausstiegsangebote, die der Verfassungsschutz vor zwei Jahren gemacht hat? Sie richteten sich doch gerade auch an Susanne Albrecht?

Es gibt viele Dinge, die jetzt auf dem Konto der Nachlaßverwaltung der DDR abgebucht werden sollten, und dazu gehören auch diese DDR-Ausstiegsmöglichkeiten. Diese RAF -Generation, die vor zehn Jahren ausgestiegen ist, sollte weiterhin in Marzahn oder Magdeburg leben und in Stahlkonzernen oder in Chemielabors oder wo auch immer arbeiten können.

Interview: mtm

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