Abstimmung über Spaniens Regierungschef: Sánchez kriegt Absage von links

Die Verhandlungen mit der linken Podemos sind gescheitert. Dabei braucht der spanische Ministerpräsident sie, um im Amt bestätigt zu werden.

Ministerpräsident Sánchez und Podemos-Chef Iglesias diskutieren im Stehen miteinander

Kein Dreamteam: Ministerpräsident Sánchez (links) und Podemos-Chef Iglesias Foto: dpa

MADRID taz | Der amtierende Ministerpräsident Spaniens, Pedro Sánchez, ist weiter von einer erneuten Wahl zum Regierungschef entfernt denn je. Am Montagmorgen gab der sozialistische Politiker in einem Radiointerview das Scheitern der Verhandlungen mit der links-alternativen Unidas Podemos (UP) bekannt. Die Folge könnten Neuwahlen im Herbst sein.

Sánchez' Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) gewann zwar die Parlamentswahlen Ende April, doch sie erhielt nur 123 der 350 Abgeordneten. Für die Bestätigung von Sánchez im Amt in der kommenden Woche sind sie deshalb auf die Unterstützung durch andere Parteien angewiesen. Bisher konnte sich Sánchez nur der Unterstützung des einzigen Parlamentariers einer kleinen Regionalpartei aus dem nordspanischen Kantabrien sichern.

Die PSOE braucht dringend die 42 Abgeordneten von UP. Die Summe würde in einem zweiten Wahlgang für eine relative Mehrheit reichen, sofern sich die baskischen und katalanischen Parteien enthalten. Der Rechtsblock aus der konservativen Partido Popular (PP), der rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und der rechtsextremen VOX kommen zusammen nur auf 150 Sitze.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen PSOE und UP begannen allerdings bereits kurz nach dem Urnengang. Während UP-Chef Pablo Iglesias eine Koalitionsregierung fordert, will Sánchez ein „rein sozialistisches Kabinett“, das im Vorfeld mit UP ein politisches Programm aushandelt. Wenn überhaupt, hätte er unabhängige Minister aus dem UP-Umfeld oder zweitrangige UP-Politiker in rein technischen Ministerien in Erwägung gezogen. Iglesias jedoch will selbst im Kabinett sitzen.

Der letztendlich entscheidende Grund für das Ende der Verhandlungen sei – so Sánchez – die derzeit laufende Basisabstimmung bei UP. Die über 500.000 Eingeschrieben sollen bis heute (Dienstag) entscheiden, ob Iglesias an der Forderung nach einer Koalition festhalten soll. Für Sánchez ist dies „eine Maskerade“. Er wirft UP vor, von ihrer Maximalposition keinen Deut abgewichen zu sein.

Sánchez hält Iglesias für nicht vertrauenswürdig

Er könne Iglesias nicht trauen, erklärte Sánchez immer wieder. Dieser sei vor allem in der Katalonienfrage ein unsicherer Kandidat. UP lehnte die Zwangsverwaltung ab, unter die die Region im spanischen Nordosten nach einem Unabhängigkeitsreferendum im Herbst 2017 mit Hilfe des Verfassungsartikels 155 gestellt wurde. Die PSOE stimmte damals dafür. „Ich will den 155 nicht erneut anwenden, aber meine Pflicht ist es, dies in meine Überlegungen mit einzubeziehen“, sagt Sánchez. Auch als Iglesias sich verpflichtete, die Position Sánchez' zu Katalonien schriftlich anzuerkennen, änderte dies an der Haltung des Sozialisten nichts.

Sollte Sánchez, der jetzt PP und Cs auffordert, sich im zweiten Wahlgang zu enthalten, am kommenden Montag im Parlament scheitern, haben die Parteien bis September Zeit, eine Regierungsmehrheit zu schmieden. Sonst müssen die Spanier im November erneut wählen.

Sánchez könnte genau darauf spekulieren. Denn die Umfragen prophezeien einen Stimmengewinn der PSOE auf Kosten von UP. Doch eine Mehrheit hätte Sánchez auch dann nicht. Außerdem droht eine deutlich niedrigere Beteiligung bei den dann vierten Wahlen seit 2015. Und das kommt üblicherweise der Rechten zugute.

Eine knappe Regierungsmehrheit aus PP, Cs und der rechtsextremen VOX könnte Realität werden. Was das heißt, zeigt ein Blick in die rechten Regionen Andalusien und Madrid. Dort verlangte VOX unter anderem das Ende der Maßnahmen gegen Gendergewalt, für Gleichberechtigung, gegen die Diskriminierung von LGTBI-Menschen sowie die Streichung der Krankenversicherung für Einwanderer ohne Papiere.

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