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Abstimmung in FrankreichSenat billigt Genozid-Gesetz

Nach der Nationalversammlung nun auch der Senat: Die Politiker stimmten für ein neues Gesetz, wonach die Leugnung des Genozids an Armeniern während des Ersten Weltkriegs strafbar ist.

Armenier demonstrieren in Paris für das nun auch vom Senat beschlossene Gesetz. Bild: dpa

PARIS dapd | Trotz Drohungen der Türkei hat der französische Senat ein neues Genozid-Gesetz verabschiedet. Demzufolge ist die Leugnung von gesetzlich anerkannten Völkermorden strafbar. Unter Strafe steht damit auch zu bestreiten, dass es sich beim Tod hunderttausender Armenier im Osmanischen Reich um Völkermord handelte.

Die Entscheidung des Senats erfolgte am Montag trotz Drohungen der Türkei, wegen des Gesetzesvorhabens weitere Sanktionen gegen Frankreich zu verhängen. Nachdem im vergangenen Monat die französische Nationalversammlung die Maßnahme verabschiedet hatte, setzte Ankara die militärische, wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit Paris aus.

Die französischen Senatoren stimmten am Montagabend mit 127 zu 86 für das Völkermord-Gesetz. 24 Abgeordnete enthielten sich. Die Leugnung von Völkermord wird mit bis zu einem Jahr Haft und einer Geldstrafe von 45.000 Euro geahndet.

Der türkische Justizminister Sadullah Ergin sagte im Fernsehen unmittelbar nach der Senatsentscheidung in Frankreich, diese sei null und nichtig für die Türkei. Es sei eine große Schande und Ungerechtigkeit gegenüber seinem Land.

Während die meisten Historiker die Tötungen der Armenier 1915 als ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts bezeichnen, lehnt die Türkei als Nachfolger des Osmanischen Reichs diese Formulierung ab.

Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muss es von Staatspräsident Nicolas Sarkozy unterzeichnet werden.

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7 Kommentare

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  • B
    bull

    Ausgerechnet die grössten Mörder der Weltgeschichte und auch heute noch mordende Gesellen massen sich an über die Geschichte anderer Länder mitzusprechen.

  • S
    Stefan

    Vorbildlich!

  • E
    ela

    Diese Billigung dient nur einem kurzfristigen Ziel. Eine gute halbe Million Armenier in Frankreich auf den nächsten Wahlzetteln für Monsieur.

    Erweckt den Anschein, als wenn er es bitter nötig hat und für Wählerstimmen über Leichen geht... Etwas geschmacklos, die Armenierdebatte zu instrumentalisieren. Zwar könnte dieser kurzsichtige Schachzug den gewünschten Effekt herbeiführen, und Monsieur' s Amtszeit verlängern. Wenn er aber denkt, dass sich diese Auseinandersetzung nach den Wahlen im Sand verlaufen wird, da sollte Ihm jemand mal raten, dass er bei dabei nicht die Folgen hinsichtlich diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen der Türkei zur EU bedacht hat. Mit dieser Aktion, hat Monsier den Türken einen wunderbaren polemischen Trumpf in die Hand gedrückt und die werden, zu Recht, nicht lange warten und politisch korrekt kontern. Monsieur hat auf dem Weg der Einsicht des Völkermordes an die Armenier alle bisherigen diplomatischen und historischen Diskussionen an denen "nicht nur Frankreich" beteiligt ist, radikal plattgetreten und somit einer eventuellen Einsicht und/oder Einigung noch mehr Steine in den Weg gelegt. Ob das im Sinne der Völkerverständigung und des Friedens ist?

    Egal, vive la France...

  • P
    phlexxo

    Heißt das, dass Sadullah Ergin bei seinem nächsten Paris Besuch verhaftet wird? *evil grin*

  • S
    Sara

    "Während die meisten Historiker die Tötungen der Armenier 1915 als ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts bezeichnen..."

     

    Die meisten Historiker und Historikerinnen, die über Genozide forschen, betrachten den Genozid in Deutsch-Südwestafrika (1904) als den ersten des 20. Jahrhunderts.

  • CR
    Christine Rölke-Sommer

    Ich halte es für ausgesprochen irreführend, dieses gesetz als „Genozid-Gesetz“ zu bezeichnen. Es handelt sich um eine änderung des pressegesetzes mit folgendem wortlaut:

    „„Les peines prévues à l’article 24 bis seront applicables à ceux qui

    auront contesté ou minimisé de façon outrancière, par un des moyens énoncés à l’article 23, l’existence d’un ou plusieurs crimes de génocide défini par l’article 211-1 du code pénal et reconnus comme tels par la loi française.“

    Aus diesem ergibt sich, dass die leugnung etc. von völkermord nach dem code pénal strafbar ist. Es hätte also dieses gesetzes garnicht bedurft.

    So wie es auch hierzulande bei verständiger gesetzesauslegung strafbar ist/sein könnte, den völkermord an den Herero und Nama zu leugnen, beispielsweise. Sollte mann jedenfalls meinen…..

    Mir stellen sich daher zwei, drei fragen.

    1. Was bezweckt die änderung des französischen pressegesetzes?

    2. Was läßt es opportun erscheinen, ausgerechnet jetzt den konflikt mit der Türkei um die frage zu suchen, wer und wie deren nationale geschichtsschreibung bestimmt?

    3. Woher kommt auch in deutschen medien die neigung, dieses gesetz falsch zu bezeichnen? Was soll damit relativiert, also verharmlost, werden?

  • B
    broxx

    Völkermord sollte bei uns auch unter Strafe stehen - und zwar jeder! Als willkommenen Beieffekt kommt uns Erdolf dann auch nicht mehr besuchen und hetzt hier lebende Türken auf!