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■ StandbildAbstiegssorgen

„50 Jahre Volltreffer“, Sa., 15.00 Uhr, Hessen 3

Der Hessische Fußballverband (HFV) feiert sein 50jähriges Bestehen. Eigentlich eine Trauerfeier. Von den 11.560 hessischen Vereinen ist seit diesen Tagen keiner mehr erstklassig. Dieser bitteren Ironie konnte sich nicht einmal der Hessische Rundfunk (HR) entziehen. In ihrer Dokumentation über den HFV gingen Atlanta Killinger und Rudi Schmalz Goebels dahin, wo es weh tut: ins Waldstadion. Soundtrack: „This is the end“. Genau.

Um ein bißchen Balsam auf die Seelen mehrerer Millionen traumatisierter Rhein- Main-Bürger zu schmieren, bestand die zweistündige Doku vor allem aus der fast ungekürzen Wiederholung des einstigen Triumphspiels: dem 5:3-Erfolg, mit dem die Eintracht sich 1959 gegen die sympathischen Kickers zum ersten und einzigen Mal den Meistertitel sichern konnten. Bereits nach 15 Sekunden ging die Eintracht damals in Führung. Jetzt wird sie etliche Jahre von Provinzkickern geblutgrätscht werden.

In der Halbzeit wurde ein viel zu kurzer Abriß über die Geschichte des Nachkriegsfußballs eingeblendet. Auf Kurzporträts hessischer Fußballgrößen folgten ein paar Takte über den Bundesliga- Bestechungsskandal. Alles nur angerissen. Zudem war das Spiel aus heutiger Sicht nicht gerade eines der flottesten. Ein Zusammenschnitt zugunsten einer differenzierteren Darstellung diverser Toto-Skandale hätte dem Film auch nicht geschadet. Killinger und Geobel haben den hessischen Fußball so stumpf dargestellt, wie ein Funktionär es getan hätte. Kein Wort über Manager Ohms, der seine Halbwelt- geliebte an den Liegestuhl kettete, nichts über die poetische Haßliebe, mit der dieser Verein literarisch verewigt wurde. Die Eintracht ist abgestiegen. Der HR kann das leider nicht. Manfred Riepe

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