Absenkung des Beitragssatzes: Streit um niedrigere Rentenbeiträge
Der Gewerkschaftsbund will die gut gefüllte Rentenkasse für Kampf gegen Altersarmut nutzen. Und warnt viel mehr vor einer "überstürzten Beitragssenkung".
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BERLIN taz| Als Folge der guten Wirtschaftslage könnten die Rentenversicherungsbeiträge in den nächsten zwei Jahren um 0,8 Prozentpunkte sinken. Dies geht aus einem Papier der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hervor, die sich dafür auf Zahlen aus dem Schätzerkreises der Deutschen Rentenversicherung beruft. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte unterdessen vor einer "überstürzten Beitragssenkung".
Die Festsetzung der Rentenbeiträge liegt nicht im unmittelbaren politischen Ermessen, sondern ist gesetzlich vorgegeben. Wenn die Reserve der Rentenkasse aufgrund der guten Beschäftigungslage und vieler Einnahmen das 1,5-fache der Monatsausgabe der Rentenversicherung übersteigt, muss der Beitragssatz so weit verringert werden, bis diese Grenze nicht mehr überschritten wird.
Laut dem Papier der Arbeitgeber sind angesichts der Wirtschaftsprognosen Absenkungen des Beitragssatzes von derzeit 19,9 Prozentpunkte auf 19,6 im kommenden Jahr und 19,1 im Jahr 2013 möglich. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen je die Hälfte des Beitragssatzes. Dies bedeutet, dass ein vollzeitbeschäftigter Durchschnittsverdiener mit einem Jahreseinkommen von 43.000 Euro jährlich um 172 Euro entlastet wird. Der Satz für das kommende Jahr wird nach Prognosen festgesetzt. Die Zahlen dafür kämen erst im Oktober, erklärte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums. Das Ministerium sei dann gewillt, "die durch die Gesetzeslage vorgesehene Absenkung umzusetzen".
Der Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund, Herbert Rische, hatte vor Kurzem angekündigt, dass eine Absenkung des Beitrags im kommenden Jahr auf 19,6 Prozentpunkte vom Bruttolohn möglich sei.
Annelie Buntenbach, Mitglied im Bundesvorstand des DGB, plädiert jedoch dafür, "den Mechanismus außer Kraft zu setzen, nach dem der Rentenbeitrag gesenkt werden muss, wenn Überschüsse in der Rentenkasse sind". Die Bundesregierung solle den angekündigten "Rentendialog" zur Altersarmut nicht durch eine überstürzte Beitragssenkung belasten, so Buntenbach zur taz. "Es ist absolut nötig, dass die finanziellen Spielräume auch genutzt werden, um die drohende Welle von Altersarmut zu bekämpfen und die Rente insgesamt aufzubessern." Schon für einen halben Prozentpunkt beispielsweise könne man die Rente mit 67 wieder abschaffen.
Nach der jüngsten Statistik der Deutschen Rentenversicherung von 2010 beziehen Frauen im Durchschnitt 20,9 Jahre und Männer 16,2 Jahre Rente. Im Jahr 1960 lag die Rentenbezugsdauer im Durchschnitt noch bei elf Jahren für die Frauen und zehn Jahren für die Männer.
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