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■ Abschied von der GlasflascheNach Coca-Cola wechseln auch Mineralbrunnen von Glas auf Plastik

Nächstes Jahr erscheint eine Briefmarke, auf der die Perlglasflasche zu sehen sein wird. Vielleicht die letzte Reminiszenz an eine angeblich nicht mehr zeitgemäße Getränkeverpackung. Selbst die Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB), der Zusammenschluß aller deutschen Mineralbrunnen, hat nun für ihren Flaschenpool eine Mineralwasserflasche aus dem „unkaputtbaren“ PET vorgestellt. Sie soll zu Beginn des neuen Jahres in fünf Brunnen getestet und gegen Mitte des Jahres allen GDB-Brunnen zur Verfügung stehen.

Andere haben es vorgemacht: Coca-Cola verwendet die Plastikflasche aus Polyethylenterephthalat (PET), um sein Wasser Bonaqua zu vertreiben. Und Vittel und Volvic, deren weitgereiste Glasflaschen selbst im Bioladen erhältlich sind und gerne vom ökologisch bewegten Naturköstler konsumiert werden, setzen dem deutschen Markt mit ihren in Frankreich abgefüllten PET-Flaschen heftig zu. Wer sollte es Gerolsteiner und anderen Brunnen da verdenken, nun selbst den Plastikmantel um Mineralwasser zu legen?

Abschied von der Glasflasche Nach Coca-Cola wechseln auch Mineralbrunnen von Glas auf Plastik

Glaubt man den Versprechungen der PET-Befürworter, ist dieser Kunststoff ein märchenhaftes Verpackungsmaterial: ein geschmacksneutrales und hygienisches Gefäß, welches bei Herstellung, Abfüllung und Transport weniger Energie verbraucht, verbunden mit hoher Festigkeit, geringem Verschleiß und 100prozentiger Recyclingfähigkeit.

Doch wie bei jedem Märchen entzaubert bei näherem Hinsehen die Realität die bunt ausgeschmückte Fiktion. So verbraucht PET bei der Herstellung mit etwa 82 Mega-Joule Energie pro Kilogramm deutlich mehr Energie als die meisten anderen gebräuchlichen Verpackungskunststoffe. Dieser Energieaufwand lohnt nur bei 15- bis 25facher Wiederbefüllung der Plastikflaschen. Doch die seit ein paar Tagen in den Handel gelangte Gerolsteiner-Flasche kommt gerade auf fünf Umläufe. Und auch der Einsatz giftiger Stoffe wie Cadmium und Zink in der PET-Produktion ist nicht gerade ein Zeichen von Umweltverträglichkeit.

Auch Hygiene und Geschmack machen Probleme: Das im PET enthaltene Acetaldehyd gibt einen sehr eigenen Beigeschmack ab. Das macht sich gar nicht gut bei Mineralwasser. Auch ist Acetaldehyd gesundheitlich nicht unbedenklich, weil es im begründeten Verdacht steht, krebserregend zu sein. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil Babynahrung häufig mit Mineralwasser zubereitet wird. Und die Fachvereinigung Behälterglasindustrie warnt vor einem unappetitlichen Schimmelpilz mit dem blumigen Namen Aureobasidium Pullulans, der aufgrund der statischen Aufladung der PET-Flasche regelrecht angezogen wird.

Manche Mineralbrunnen sind hier mit Rat schnell bei der Hand. Allen voran Leisslinger und Gaensefurther: Sie nehmen die Plastikflasche als Einweg. Die Wand kann dünner werden, es wandern nicht so viele Fremdstoffe in den Inhalt, und der Schimmelpilz wird nicht zum Problem, da die Flasche ja nach einfachem Gebrauch im Müll landet. Doch die Ökobilanz wird deutlich schlechter: Durch Umstellung der Mehrwegsysteme der Mineralbrunnen auf PET-Einweg entstehen rund 288.000 Tonnen zusätzlicher Plastikmüll. Dies ist mehr als die jährlich in Deutschland anfallenden Menge aller Tragetaschen, Joghurtbecher und Waschpulverpackungen zusammen.

Durch PET-Mehrweg aber droht ein Brunnensterben der regionalen Kleinanbieter: Die können sich die teure Umstellung ihrer Abfüllanlagen auf die PET-Pfandflaschen nicht leisten – viele Jobs gingen so verloren. Von den derzeit rund 240 regionalen Brunnen würden unseren Berechnungen zufolge etwa 20 zentrale Abfüllstandorte übrigbleiben. Die Übernahme durch Großanbieter hätte längere Transportwege zur Folge. 60.000 Tonnen Kohlendioxid und 57 Tonnen Schwefeldioxid würden pro Jahr zusätzlich in die Luft gepustet. Der Vorteil, den das leichte PET im Vergleich zum schweren Glas beim Transport erzielt, würde sich durch die wachsenden Transportentfernungen ins Gegenteil verkehren. Die einzige Überlebenschance der Kleinbrunnen wäre der Umstieg auf die günstiger abfüllbaren PET-Einwegflaschen. Die Mehrwegquote, die in diesem Jahr erstmals die magische Schwelle von 72 Prozent unterschritten hat, könnte man dann, gemeinsam mit der Perlglasflasche, auch endgültig zu Grabe tragen.

Mögen sie in Frieden ruhen. Walter Jungbauer

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