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Abschied im Rathaus Schöneberg

■ Willy Brandts Leichnam nach Berlin überführt

Berlin. Der Leichnam des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt ist gestern von Bonn nach Berlin überführt worden. Er wird heute im Foyer des Rathauses Schöneberg aufgebahrt, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, von Brandt Abschied zu nehmen. Heute wollen sich die Sozialdemokraten von ihrem Ehrenvorsitzenden mit einer Veranstaltung unter dem Motto „Wir danken Willy Brandt“ verabschieden. Dabei sollen außer dem SPD-Chef Björn Engholm und seinem Stellvertreter Wolfgang Thierse weitere politische Weggefährten und Künstler den Lebensweg Brandts nachzeichnen.

Auf seinem letzten Weg vom Reichstagsgebäude zum Zehlendorfer Waldfriedhof können die Berliner am Samstag ihren langjährigen Regierenden Bürgermeister nach dem offiziellen Staatsakt nun offenbar doch ein Stück begleiten. Eine Sprecherin des für die Organisation zuständigen Arbeitsstabes des Bundesinnenministeriums teilte gestern mit, daß der Zug über die Paul-Löbe-Straße am Reichstag und die Entlastungsstraße zur Siegessäule „Tempo 30, wahrscheinlich sogar weniger“ fahre. Damit biete sich für die Berliner die Gelegenheit, den Zug über mehr als zwei Kilometer zu begleiten. Danach werde das Tempo beschleunigt. Die Änderung des ursprünglich vorgesehenen Programms wurde von der Berliner SPD begrüßt. Damit werde dem Bedürfnis der Bevölkerung angemessen Rechnung getragen, sagte gestern ein SPD-Sprecher.

Um 8 Uhr wird heute das Defilee von der Abgeordnetenhauspräsidentin Hanna-Renate Laurien eröffnet. Ihr folgt der Regierende Bürgermeister Diepgen mit dem Senat. Danach wollen sich der Berliner SPD-Vorstand, die Fraktion und Parteimitglieder von Brandt verabschieden. Um 10 Uhr wird die SPD-Spitze unter Führung von Engholm und Fraktionschef Ulrich Klose erwartet. Im Rathaus Schöneberg waren bereits der ehemalige Bürgermeister Ernst Reuter, der SPD-Politiker Franz Neumann und der Mitbegründer der CDU in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, Ernst Lemmer, aufgebahrt.

Die Trauerfeier bei der Beerdigung am Samstag nachmittag „im engsten Familienkreis“ auf dem Waldfriedhof hält der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin- Brandenburg, Martin Kruse. Das sei der Wunsch der Familie, sagte Kirchensprecher Stawinski.

Das Abgeordnetenhaus gedachte Brandt gestern mit einer Schweigeminute. Als „eine Persönlichkeit von historischem Rang“ würdigte Frau Laurien Brandt, der von 1957 bis 1966 Regierender Bürgermeister der Stadt war. Berlin verliere einen Politiker, der in schweren Jahren die Freiheit der Stadt verteidigt und bewahrt habe. Er habe dazu beigetragen, „daß Berlin für die Welt zu einem Symbol der Freiheit wurde“. dpa

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