Abschiebungen in Niedersachsen: Weniger Härte gegen Flüchtlinge
Niedersachsen reformiert die Arbeitsregeln für seine Härtefallkommission. Künftig reicht eine einfache Mehrheit gegen die Abschiebung.
HAMBURG taz | Die Arbeitsregeln der niedersächsischen Härtefallkommission für von Abschiebung bedrohte Ausländer werden geändert. Wie das niedersächsische Kabinett am Dienstag beschlossen hat, soll künftig eine einfache Mehrheit in dem Gremium ausreichen, um eine Abschiebung zu verhindern.
Die beiden großen Kirchen, die aus Protest gegen die Entscheidungen der Kommission die Mitarbeit eingestellt hatten, bewerteten die Veränderungen positiv.
Die 2006 eingerichtete Härtefallkommission prüft, ob bei Ausländern, die eigentlich abgeschoben werden müssten, aus persönlichen oder humanitären Gründen eine Ausnahme gemacht werden kann. Das Innenministerium beruft acht Mitglieder in die Kommission, fünf von ihnen auf Vorschlag des Landkreistages, des Städtetages, der beiden Kirchen und der Freien Wohlfahrtspflege. 156 Abschiebungen hat die Kommission seit ihrem Bestehen verhindert.
Nach den neuen Regeln werden fünf statt sechs Stimmen reichen, um eine Abschiebung zu verhindern. Kommissionsmitglieder sollen in die Vorprüfung der Fälle eingebunden werden. Ausreisepflichtige Ausländer müssen auf die Möglichkeit hingewiesen werden, die Härtefallkommission anzurufen. Eine fahrlässig begangene Straftat soll kein Grund mehr dafür sein, einen Antrag abzulehnen.
Der Flüchtlingsrat hatte kritisiert, dass nur drei der acht Kommissionsmitglieder von nicht-staatlichen Stellen benannt würden. Außerdem versuche die Landesregierung die Möglichkeiten des Gremiums durch formale Ausschlusskriterien einzuengen. Das widerspreche dem Prinzip des Gnadenrechts, auf das sich die Antragsteller beriefen.
Letzteres kritisiert auch der evangelische Landesbischof Ralf Meister: Leider sei ein bereits verstrichener Termin zur Abschiebung weiterhin ein Ausschlussgrund für die Kommission. Trotzdem stellte Meister eine Wiederaufnahme der Mitarbeit in Aussicht.
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