: Abschiebung nach Marktlage
Der Düsseldorfer Ferienflieger LTU befördert abgelehnte Asylbewerber zurück ins Krisengebiet. Drei Maschinen im Monat starten vom bundesweit zweitgrößten Abschiebeflughafen in Düsseldorf
VON NATALIE WIESMANN
Ein LTU-Flug mit Ziel Istanbul verfrachtet die Insassen nicht zwangsläufig in den Urlaub: Zwei bis drei Ferienflieger pro Monat sind in diesem Sommer ausschließlich mit abgelehnten AsylbewerberInnen oder Menschen ohne Aufenthaltsstatus besetzt, die von Düsseldorf in eine ungewisse Zukunft ausgeflogen werden. Allein zu diesem Zweck sollen 2003 mit der Düsseldorfer Fluggesellschaft mindestens acht Maschinen das Ziel Türkei angeflogen haben. Regelmäßige Flugziele sind auch die Städte Belgrad und Pristina.
Am Wochenende haben in Dortmund vierzig Menschen gegen die Beteiligung des Unternehmens am Abschiebegeschäft demonstriert. „Wir fordern die LTU auf, sich sofort aus dem Geschäft mit den Abschiebungen zurückzuziehen“, steht auf einem Flyer, den die Demonstranten an die herumstehenden Passanten verteilen. Die oft mit Gewalt durchgesetzte Deportation geschehe zwar nach Recht und Gesetz. „Aber dieses Recht ist nicht legitim und es ist unmenschlich“, so die Abschiebegegner weiter.
Hinter der fleißigen Beteiligung der REWE-Tochter vermutet die Initiative „LTU-deportation class“ ein Geschäft nach dem Motto „Eine Hand wäscht die andere“: Die WestLB hatte 2001 die bankrotte Fluggesellschaft mit einer Bürgschaft des Landes vor dem Aus gerettet. Auch das erfolgreiche Engagement der Landesregierung bei der EU-Kommission verpflichte nun das Unternehmen gegenüber dem Land zu Gefälligkeitsdiensten.
„Wir fühlen uns weder der Landesregierung noch der WestLB verpflichtet“, dementiert LTU-Sprecher Marco Dadomo. Mit den für Asylbewerbern reservierten Charterflügen habe sein Unternehmen bereits vor der Sanierung angefangen. „Wir finden unser Vorgehen moralisch nicht verwerflich“, sagt er weiter. Solange alles nach Recht und Ordnung liefe, habe man sich nichts vorzuwerfen. Dass das Abschiebegeschäft lukrativer sei, als die Buchung der Flugzeuge mit Urlaubspassagieren, kann er nicht bestätigen. „Es kommt immer auf die Marktlage an“.
Mit der Lufthansa, Air Berlin und anderen Konkurrenten bewirbt sich die LTU um Abschiebeflüge. Die Charterfirma „Air Traffic Euro Charter GmbH“ agiert im Namen der Landesregierung als Zwischenhändler. Nach Schätzungen der Flüchtlingslobby verdient die LTU pro Abschiebeflug mit etwa hundert Passagieren an Bord 50.000 Euro. Der Düsseldorfer Flughafen soll nach Frankfurt der zweitgrößte Abschiebe-Airport in Deutschland sein. Bereits am 10. August befördert eine Maschine der LTU wieder serbische Flüchtlinge zwangsweise nach Belgrad, am 14. August fliegt sie unfreiwillige Passagiere nach Istanbul aus.