: Abschieben nach drei Jahren Knast
Die Regierungskoalition plant Änderungen im Ausländerrecht. Verschärfungen für straffällige Ausländer sollen Kriminalität „vorbeugen“. Einzelfallprüfungen sind vorgesehen ■ Aus Bonn Markus Franz
Ausländer sollen künftig schon dann abgeschoben werden müssen, wenn sie zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren (bislang fünf) verurteilt worden sind. Die drei Jahre sollen auch dann gelten, wenn sich mehrere kleinere Strafen summieren. Allerdings hat die FDP einen Fünfjahreszeitraum durchgesetzt, innerhalb dem die Strafen angefallen sein müssen. Diese Neuregelung gehört zu den Änderungen im Ausländerrecht, die gestern von der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), in Bonn vorgestellt wurden.
„Die FDP hätte sich weitere Erleichterungen, aber die CDU hätte sich auch weitere Verschärfungen vorstellen können“, erklärte Schmalz-Jacobsen. Morgen werden die Änderungen im Innenausschuß beraten, noch vor der Sommerpause, die in drei Wochen beginnt, sollen sie im Bundestag debattiert werden. Bündnis 90/Die Grünen hatten im Vorfeld kritisiert, daß die geplanten Gesetzesänderungen im Innenausschuß vor der Öffentlichkeit „versteckt“ werden, statt sie direkt im Bundestag zu beraten.
Das Verbot der Abschiebung politisch Verfolgter soll mit den Neuregelungen relativiert werden. Während bisher nur dann eine Ausnahme gemacht werden kann, wenn Ausländer aus „schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Allgemeinheit“ anzusehen sind, soll dieser Passus künftig als erfüllt angesehen werden, wenn Betroffene zu einer Strafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sind. Zudem soll der Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs verschärft werden, um Ausländer, die bei verbotenen Demonstrationen straffällig werden, leichter abschieben zu können.
Der innenpolitische Sprecher der FDP, Max Stadler, bezeichnete es als den wichtigsten Erfolg seiner Partei, bei den Ausweisungsgründen die Einzelfallprüfung durchgesetzt zu haben. Für die Ausländerämter bleibe nun stets ein Ermessensspielraum, in Härtefällen auf die Abschiebung zu verzichten. Auf Nachfrage sagte Stadler, er könne auch nicht annähernd sagen, wie viele Ausländer von den Verschärfungen betroffen würden. Diese hätten einen rein „generalpräventiven“ (strafvorbeugenden) Effekt. Cornelia Schmalz-Jacobsen wies darauf hin, daß auszubildende Jugendliche nicht mehr wie bisher abgeschoben werden sollen, wenn sie aufgrund ihrer Ausbildung nicht die erforderlichen Beiträge zur Rentenversicherung erbringen.
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