Absage an Magna und Merkel: GM rückt Opel doch nicht raus

Merkel ließ sich gerade in Washington feiern, da besiegelte der Verwaltungsrat von GM in Detroit die Absage an Magna – und die Deutsche: Opel soll bei der Mutter bleiben.

Schlechte Zeiten für Opel: Das Unternehmen bleibt bei der maroden Konzernmutter GM. Bild: dpa

WASHINGTON taz | U-Turn bei General Motors: Der Autobauer aus Detroit will seine deutsche Tochter Opel nun doch nicht hergeben. Wie der US-Konzern am Dienstag mitteilte, ist der Verkauf an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna abgeblasen.

Das hat der Verwaltungsrat in Detroit entschieden. GM-Chef Fritz Henderson kündigte Deutschland und den anderen betroffenen europäischen Regierungen in Kürze einen Plan zur Umstrukturierung für die Opel- und britischen Vauxhall-Werke an. Er schloss Entlassungen nicht aus, auch nicht, dass ganze Werke dicht gemacht werden.

"In Anbetracht des wirtschaftlichen Aufschwungs bei GM in den vergangenen Monaten sowie der Bedeutung der Opel/Vauxhall-Werke für die globale Strategie von GM, hat der Verwaltungsrat entschieden, Opel zu behalten und seine Werke in Europa ernsthaft umzustrukturieren", heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. Und zwar zwei ganze Tage, nachdem GM-Chef Henderson noch einmal bekräftigt hatte, dass der US-Konzern am Verkauf von Opel an den Autozulieferer Magna festhalte. Es gebe keine anderen Pläne, hatte es da noch geheißen.

Offenbar gab es die doch: Der Konzern rechnet mit Umstrukturierungskosten von rund drei Milliarden Euro und "hofft dabei auf eine wohlwollende Prüfung der europäischen Regierungen", sagte Henderson. Die Summe sei deutlich niedriger als alle anderen Investoren-Angebote.

Henderson versprach, dass sein Konzern bei den Sanierungen eng mit den Gewerkschaften zusammen arbeiten werde. Nur was soll man ihm noch glauben? Immerhin entschuldigte Henderson sich für den monatelangen Verhandlungsmarathon um die Zukunft von Opel. Mehrere Regierungen waren daran beteiligt, interessierte Unternehmen, der Opel-Betriebsrat und natürlich die EU-Kommission.

Trotzdem ist auch der Zeitpunkt der Entscheidung sehr unglücklich – beinahe boshaft – gewählt. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich persönlich für den Verkauf an Magna eingesetzt hatte, traf sich Dienstag mit US-Präsident Barack Obama, hielt ihre Rede im US-Kongress, ließ sich in Washington feiern, während der Verwaltungsrat in Detroit den Rückzug vom Verkauf vorbereitete. Um halb Sechs Ortszeit schließlich kam die Meldung aus Detroit – da war die Kanzlerin gerade mal eineinhalb Stunden auf dem Rückweg.

"Der neue GM-Vorstand fährt eine aggressivere Europa-Strategie als der alte", sagt der GM-Experte und Journalist der Detroiter Free Press, Justin Hyde. "Daher hat er in letzter Minute die Notbremse gezogen." Alle großen Autobauer der Welt seien "elementar von ihrem Europa-Geschäft abhängig - denn hier werden die Modelle für den Weltmarkt der Zukunft entwickelt". Tatsächlich hatten sich viele GM-Mitarbeiter in den USA gefragt, warum ihr Unternehmen ausgerechnet den Bereich verkaufen will, der noch am gesündesten ist.

Nach Einschätzung von Hyde ist Firmenchef Henderson durch die plötzliche Entscheidung keineswegs geschwächt. "Hier schauen alle im Moment nur, ob das Geschäft läuft und wie GM wieder Gewinne einfahren kann - Stilfragen sind da zweitrangig."

Beobachter der Autoszene gehen allerdings schon von einem internen Machtkampf in der GM-Chefetage aus: Henderson, der sich stets für die von Bundeskanzlerin Merkel favorisierte Magna-Lösung eingesetzt hat, unterlag demnach den Gegnern dieser Variante – allen voran "Big Ed", wie seine Angestellten den Verwaltungsratsboss Ed Whitacre nennen.

Er hatte von vornherein argwöhnisch auf die beiden russischen Partner von Magna geschaut. "Da war die Angst groß, dass Technologien aus den Opel-Werken in unkontrollierbares Gebiet gelangen", meint Hyde. Auch GM-Vize John Smith hatte in seinem Internet-Blog seit Wochen davor gewarnt, sich völlig auf Magna festzulegen.

Die Bundesregierung und der Opel-Betriebsrat hatten den Zuschlag für Magna befürwortet. Berlin hatte dem Konzern dafür 4,5 Milliarden Euro Staatshilfen zugesagt. Bei Magna hieß es in einer Erklärung, man verstehe die Entscheidung von GM, an Opel festzuhalten.

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